In den 80ern gab es von der Gemeindeverwaltung diese Zigarren als kleine Aufmerksamkeit bei offiziellen Anlässen. Einige dieser Zigarren liegen heute noch im Museum. Foto: Werner Kuhnle

Pleidelsheim verbindet eine lange Tradition mit dem Genussmittel sowie dem Sommergemüse. Diese wird im Tabak-, Spargel- und Heimatmuseum, das gerade 10 Jahre alt wurde, ersichtlich.

Pleidelsheim - Gerd Warttinger liebt sein Museum. Mehr noch, er lebt dafür und mit ihm auf. Das merkt man bei einem Rundgang mit dem Ur-Pleidelsheimer sofort. Das Bittere: Seit März sind die Türen des Tabak-, Spargel- und Heimatmuseums in Pleidelsheim aufgrund von Corona zu. Alle Gruppenführungen musste er absagen, ein geplantes großes Fest im Hof musste gecancelt werden. Dabei wäre dies die Krönung gewesen im Jahr 2020 – dem Jahr, in dem das Museum sein zehnjähriges Bestehen gefeiert hat. „In dieser Zeit habe ich 2880 Besucher durch die Räume geführt“, sagt Gerd Warttinger, dem das Gebäude in der Bachgartenstraße gehört, stolz. Und das kann er auch sein, ebenso wie auf den Fundus, den er aufgebaut hat. Denn alles, was man in den Räumen findet, hat er selbst gesammelt – und durch das kann man sich ein Bild darüber machen, wie wichtig der Tabak- und der Spargelanbau für die Gemeinde einst waren. Denn: Nicht umsonst ist der Ort als Tabak- und Spargelgemeinde schlechthin im Landkreis Ludwigsburg bekannt.

„Die Gemeinde wollte ursprünglich mal ein Museum zu diesem Thema errichten. Doch irgendwie kam es dann nie dazu. Ich habe von meinen Eltern das Betriebsgelände geerbt und versprochen, es zu erhalten. Nachdem es viele Jahre leer stand, hat meine Frau im Jahr 2009 zu mir gesagt: ‚Es ist deine Aufgabe, das Gebäude mit Leben zu füllen.’ Daraufhin habe ich mir Gedanken gemacht“, berichtet Warttinger von den Anfängen. Doch erst als seine Tochter zusagte, das Museum – sollte es entstehen – später zu übernehmen, machte er sich wirklich an die Umsetzung. „Ich bin dann in Pleidelsheim auf Reisen gegangen, habe Scheunen durchsucht und alte Dachböden und habe nach und nach immer mehr Teile für das Museum gefunden“, erzählt der 75-Jährige. 350 Teile waren es damals, als am 16. Mai 2010 das Museum eröffnet worden ist – mehr als 1270 Teile sind es heute. „Ich wollte damals eigentlich nur Dinge zum Tabak- und Spargelanbau zeigen, habe dann aber noch Heimatsachen dazu genommen, da die Geschichten einfach eng verbunden sind“, so der gelernte Gärtner.

Schusterutensilien von früher, alte Lichtschalter, eine Trommelwaschmaschine mit Handkurbel, eine Hebelpresse für Frischkäse, eine Maisbrockelmaschine sowie ganz vieles anderes, auch zum Thema Rebveredelung findet sich nun in drei Räumen des Museums. „Die Geschichte der Rebveredelung ist genauso alt wie die Spargelgeschichte – 80 Jahre“, sagt Gerd Warttinger, dem aber besonders der Tabakanbau am Herzen liegt. Dieser hat in Pleidelsheim nämlich eine 350-jährige Geschichte, und auch sein Vater Wilhelm baute diesen lange Zeit an. Er errichtete 1957 sogar den ersten Tabakschuppen mit dem System der Kamintrocknung. Noch heute kann man diese Schuppen in vielen Orten finden. Wilhelm Warttinger war gar von 1945 bis 1990 Vorstand des württembergischen Tabakverbandes. Kein Wunder also, dass das Thema den größten Raum des Museums füllt und Gerd Warttinger dazu allerhand Wissen preisgeben kann.

„Es gab einst über 220 Pflanzer in der Gemeinde. Irgendwie hatte so jeder etwas mit dem Tabakanbau zu tun“, erzählt er und fügt an: „Der Tabak war in schlechten Zeiten auch ein gutes Tauschmittel. Was viele zudem nicht wissen, ist, das die Wiegehalle in Pleidelsheim 1936 extra für den Tabakanbau gebaut wurde.“ Wie das Genussmittel nach der Trocknung dann verarbeitet wurde – das ist in deinem kleinen Museum mehr als anschaulich zu sehen. Eine Einfädelmaschine, Tabaknadeln, Tabak-Presskisten sowie Schneidemaschinen lassen die Produktion von einst so richtig aufleben. Und genau das ist es, was Gerd Warttinger erreichen möchte: Er will, dass die Menschen wissen, was die Gemeinde einst ausgemacht und geprägt hat, ehe der Preiszerfall die aufwendige Arbeit nicht mehr lohnenswert machte. Und er will ihnen Geschichte nahebringen. Was mit seinem Herzblut auf Anhieb gelingt.