Die Richter des höchsten ägyptischen Berufungsgerichts folgten Mubaraks Argumentation, dass er unschuldig sei und sprachen ihn frei. Foto: EPA

Über Jahre zogen sich die Gerichtsverfahren gegen Ägyptens Ex-Machthaber Husni Mubarak hin. Er sollte für den Tod von Hunderten Demonstranten mitverantwortlich sein. Doch die höchste Instanz kommt zu einem anderen Schluss.

Kairo - Als der Angeklagte Mohammed Husni Mubarak am Donnerstag gefragt wurde, was er von den Vorwürfen hält, war seine Antwort deutlich: „Das ist nicht passiert.“ Für den Tod von Hunderten Demonstranten bei Protesten gegen ihn im Frühjahr 2011 sollte der frühere ägyptische Machthaber mitverantwortlich sein. Davon jedenfalls sind seine Kritiker überzeugt, die damals auf die Straße gingen, um den Präsidenten zu stürzen. Doch die Richter des höchsten ägyptischen Berufungsgerichts folgten Mubaraks Argumentation - und sprachen ihn frei.

Zeitlicher Zufall?

Das Urteil in dem Prozess kam ausgerechnet an dem Tag, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Besuch am Nil weilte, den Ägypten mit Spannung erwartet hatte. Schließlich braucht das Land in einer schweren Wirtschaftskrise dringend Hilfe. Da stellt sich die Frage: War es ein zeitlicher Zufall, dass der Richter sein Urteil an diesem Tag bekanntgab? Oder war es Absicht?

Die Botschaft, die von dem Spruch ausgeht, dürfte in der Lesart der Kritiker des „Pharaos“ klar sein: Die alten Seilschaften und Strukturen, die das Land damals regierten, sind weiter intakt. Von den Freiheiten, die sich die Demonstranten während der Aufstände in Ägypten erkämpft hatten, ist sechs Jahre später nichts mehr übrig geblieben. Auch die Gewissheit, dass Mubarak nach seinem Sturz juristisch zur Rechenschaft gezogen würde, hat sich nun aufgelöst.

Mit dem Urteil endet ein Verfahren, das sich über Jahre in die Länge gezogen hatte. Am 3. August 2011 erschien Mubarak das erste Mal vor Gericht, sechs Monate nach seinem Sturz im Februar zuvor. In erster Instanz erhielt er im Jahr darauf eine lebenslange Haftstrafe. Doch der Fall landete vor dem Berufungsgericht.

Hohes Sicherheitsaufgebot

Dessen Verfahren hatte eigentlich schon im November 2015 begonnen, ohne dass es bisher zu einer wirklichen Verhandlung gekommen war. Vier Mal vertagte sich das Gericht. Weil Mubaraks Gesundheitszustand einen Gerichtstermin nicht zuließ. Und weil es Sicherheitsbedenken gab. Schließlich wurde der Prozess in die Kairoer Polizeiakademie verlegt. Auch dort herrschte am Donnerstag ein hohes Sicherheitsaufgebot, um Proteste oder gar Ausschreitungen zu verhindern. Nur wenige Mubarak-Anhänger mit Bildern des früheren Präsidenten waren auf der Straße zu sehen.

Das Urteil wird die Demonstranten von einst auch deswegen treffen, weil sie in einem Land leben, von dem Kritiker sagen, dass es unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi unfreier ist als in der rund dreißigjährigen Ära Mubarak. Seitdem das Militär im Sommer 2013 mit dem Muslimbruder Mohammed Mursi den ersten freigewählten Staatschef gestürzt hat, geht die Regierung mit harter Hand gegen Gegner vor, vor allem gegen Islamisten. Tausende wurden verurteilt oder landeten im Gefängnis. Demonstrationen sind kaum noch möglich und werden mit Gewalt unterbunden. Eine freie Presse gibt es nicht mehr. Unter der Hand erzählen vor allem junge Ägypten, dass sie das Land am liebsten verlassen würden.

Strafe wegen Veruntreuung

Noch eine Frage drängt sich nach dem Urteil auf: War die Staatsführung eingebunden? Oder hat Ägyptens Justiz ihren eigenen Kopf bewiesen? Schon einmal sperrten sich die Gerichte gegen die Regierung. Als Ägypten im vergangenen Jahr zwei Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien abtreten wollte, bremsten Richter das Vorhaben aus - und bekamen den Applaus der Straße.

Diesmal werden nur die Mubarak-Freunde klatschen. Gegen den Ex-Staatschef bleibt jetzt nur noch eine Strafe von drei Jahren wegen Veruntreuung von Millionenbeträgen. Auch seine beiden Söhne Alaa und Gamal wurden deswegen verurteilt. Allerdings ist die Strafe schon abgesessen. Trotzdem könnte es sein, dass Mubarak weiter in dem Kairoer Militärkrankenhaus bleiben muss, in dem er seit Jahren lebt. Der Ex-Staatschef soll schwer krank sein.