Die Gerätschaften mögen noch so unterschiedlich sein – der Spaß am Spiel ist allen gemein. Foto: Michael Steinert

Jonglieren ist eine faszinierende Bewegungskunst – und überaschend leicht zu lernen. Im Esslinger Stadtpark Maille trifft sich die Gilde der Wurf- und Fangkünstler jeden Dienstag.

Esslingen - Jonglieren ist ein Spiel mit der Schwerkraft, bei dem diese immer als Sieger hervorgeht und der Mensch immer gewinnt. Zu dieser Einsicht kommt früher oder später jeder, der sich mit der Kunst versucht, mehrere Gegenstände in der Luft zu halten. Hier, im Esslinger Stadtpark Maille, treffen sie sich, die Gewinner. Dienstagabends hat sich vor der malerischer Kulisse der Inneren Brücke ein kleiner Jongliertreff etabliert. Man kommt und geht, je nach Lust und Laune.

Ina, Larissa, Peter und Elisabeth, Birgit, Guido, Tomy und die anderen kommen zum Spielen. Nicht zum Üben oder zum Trainieren. Jonglieren heißt Spielen – gleichgültig, ob es darum geht, Bälle in der Luft halten, Ringe, Keulen, Diabolos oder Dragon Staff. Dragon Staff ist ein doppelt-armlanger Stab, an dessen Enden je ein Kreuz mit vier entzündbaren Stoffbällen angebracht ist. Das ist ein Profi-Instrument für die Feuerjonglage – und Larissa ist Profi. An jedem Wochenende tourt die Zahntechnikerin, die dann Dragana Drachentocher heißt, mit ihrer Feuershow und dem Nanu-Traumtheater kreuz und quer durch die Republik. „Auch wenn es als Kind verboten war – mit dem Feuer zu spielen hat mich schon immer fasziniert“, sagt sie. Im Esslinger Jugendtreff Komma hat sie erst das Feuerspucken gelernt und danach immer neue Varianten des Spiels mit dem Element.

Amateur zum Profi – vor der Schwerkraft sind sie alle gleich

Am anderen Ende der Bandbreite dessen, wofür die Jonglierkunst steht, hat sich Peter eingerichtet. Er hatte vor Jahren einen Jonglierkurs geschenkt bekommen. „Jonglieren lernen in einer Stunde – mit Erfolgsgarantie“, erinnert er sich. Hat natürlich nicht geklappt damals, aber der Messtechnik-Ingenieur hatte Feuer gefangen. „Das Schöne ist: egal wo du bist, holst du drei Bälle raus, fängst an zu spielen und findest gleich Freunde“, sagt er. Inzwischen hat er eine Reihe von Drei-Ball-Mustern drauf und seinen ersten Auftritt hinter sich. Auf der Weihnachtsfeier seiner Firma hat er die Grundzüge der Messtechnik mit drei Bällen erklärt. „Da ging es immer so ernst zu. Da habe ich gedacht, das lockert ein bisschen auf“, sagt er.

Irgendwo zwischen der professionellen Drachentochter und dem ambitionierten Meßtechniker lässt Ina das Diabolo tanzen und die Poi kreisen. „Meine Schwestern und ich haben schon als Kinder gerne Straßenzirkus gemacht und die Zuschauer in unseren Hof gelockt“, erinnert sie sich. Der Reiz der ganz großen Bühne ist verflogen, die Freude an der Bewegung ist geblieben. „Ich empfinde das als Meditation. Man kann sich beim Spielen richtig gut ausklinken“, sagt sie. Zudem hilft ihr die beim Jonglieren gesammelte Bewegungserfahrung in ihrem Beruf als Eurythmie-Lehrerin an einer Waldorfschule.

Tom, der sich als Koch selbstständig gemacht hat, braucht die Bälle zum Ausgleich. „Man wird ruhiger“, hat er festgestellt. Und dann eigne sich das Jonglieren wegen der geforderten Auge-Hand-Koordination auch hervorragend als Ergänzung für die Selbstverteidigungskunst Wing Chun, die er seit Jahren betreibt.

Und über allem schwebt der Guido. Animateur, Stuntman, Comedian, Feuerjongleur, BMX-Kunstradfahrer, Zauberer, Luftballon-Modellierer – es schein nichts zu geben, was der 47-Jährige in seinem Leben nicht schon gemacht hat. „Man rutscht so rein“, sagt er – und lässt die Flasche nach mehreren gekonnten Drehung satt in den bereit gehaltenen Shaker rutschen.

Die kleine Auswahl zeigt zweierlei: Jeder wird beim Jongliertreff in der Maille dort abgeholt wo er, oder sie, gerade steht. Der basisdemokratische Ansatz, der die Jongliergemeinde eint, kommt nicht von ungefähr: Vor der Schwerkraft sind sie ja schließlich auch alle gleich.

Im Video erklärt der Autor und Jongleur Thomas Schorradt, was es beim Üben zu beachten gilt.