Im Freilichtmuseum ist das Anfassen und Ausprobieren ausdrücklich erwünscht – wie hier bei der Vorführung verschiedener Gesteinsarten. Foto: Horst Rudel

Beim Museumsfest des Fördervereins Freilichtmuseum wurden am Sonntag an 24 Stationen viele Mitmachaktionen angeboten, über die Vergangenheit informiert und alte Handwerkskünste zu neuem Leben erweckt.

Beuren - Mit Schweiß auf der Stirn und Schwielen an den Händen stellten die Zimmermänner Jochen Christ und Tobias Schlander aus einem aufgebockten Baumstamm mit ihren Äxten Hieb für Hieb einen rechteckigen Balken her, der zum Hausbau dienen könnte. Beim 21. Museumsfest des Fördervereins Freilichtmuseum Beuren zeigten am Sonntag Handwerker, wie in früheren Zeiten gearbeitet wurde. Darüber hinaus gab es viele Mitmachaktionen, die vor allem bei den Kindern Anklang fanden. Es wurden Herzen genäht, Seifenkugeln hergestellt und Ketten aus Schafwolle gefilzt.

160 Stricknadeln arbeiten gleichzeitig

Zunächst ging es beim Rundgang durch das Freilichtmuseum allerdings um die Schärfung der eigenen Sinne. Der Erlebnispfad war mit Stationen mit unterschiedlichen Bodenbelägen wie Kies, Pflastersteinen oder Schotter und Schilf gespickt. Zwischen den Bodenbelägen waren an einer Riechstation Düfte von Lakritz, Kümmel, Eberraute oder Wolle zu erschnüffeln. Zum Fühlen gab es Hafer, Sommerweizen und Grassamen, welche die Besucher durch ihre Finger rinnen lassen konnten.

Wer beim Gang durch die nasse Wiese feuchte Socken bekam, der konnte sich bei Leopold Paydl gleich neue stricken lassen. An den beiden Strickmaschinen des Freilichtmuseums zeigte der Fachmann, wie noch vor gar nicht allzu langer Zeit in Windeseile Socken, Jacken und Mützen gestrickt wurden. An der Haushaltsstrickmaschine aus dem Baujahr 1950 demonstrierte Paydl, wie 160 Stricknadeln gleichzeitig arbeiten. „Damit können große Teile gefertigt werden“, sagte er und deutete auf eine bereits fertige Cardigan-Jacke neben dem Tisch mit den Strickmaschinen.

Am selben Tisch wie die große Haushaltsstrickmaschine war die kleinere Rundstrickmaschine angebracht. Diese sei bereits mehr als hundert Jahre alt, erklärt Paydl. Trotzdem könne das mechanische Gerät, das alleine von der Muskelkraft seines Bedieners angetrieben werde, auch heute noch benutzt werden. Mit dieser Maschine könnten beispielsweise Socken gestrickt werden. Das Besondere: selbst die Verse und die Spitze der Socke können maschinell hergestellt werden. Er selbst habe zuhause eine ähnliche Maschine und trage nur selbst gestrickte Socken, so der Strickfachmann Leopold Paydl.

Einen Tag Arbeit für einen Gartenpfosten

Vorbei am Tagelöhnerhaus und dem grimmig blickenden Ziegenbock, der sich in seinen Unterstand zurückgezogen hatte, hatte am Rande eines Haferfeldes der Steinmetzmeister Rüdiger Hahnel seine Station aufgebaut, an welcher er die Herstellung eines Gartenpfostens aus Sandstein mit Hammer und Meißel vorführte. Bis der 300 Kilogramm schwere Gartenpfosten fertig ist, sei er etwa einen Tag beschäftigt, erklärte der Steinmetz. Auch wenn heute manche Arbeiten von Maschinen erledigt würden, erledigten die Steinmetze noch viel in Handarbeit.

Die traditionelle Herstellung von Kalk als einem wichtigen Baumaterial vergangener Tage widmete sich Bernhard Klaß mit den Mitarbeitern seiner gleichnamigen Baufirma. Sie demonstrierten, wie die sogenannte Kalkmilch einst gekocht wurde. Dabei war es wichtig, dass die brodelnde, weiße Kalksuppe beständig umgerührt wurde. Und der fertige Kalk wurde sogleich dazu verwendet, einen Teil des Sockels des Dachs des Kalkofens des Freilichtmuseums zu reparieren. „Es ist ein Phänomen“, sagte Klaß über den Kalk als Baumaterial und seine historische Herstellung.

Der Vorsitzende des Fördervereins, Hans Weil, freute sich derweil, dass trotz des durchwachsenen Wetters viele Familien gekommen waren. Viele Menschen seien über die Jahre treue Museumsbesucher geworden, die auch bei mäßigen Wetteraussichten kämen.

Während sich die Reihen der Verpflegungsstationen zur Mittagszeit füllten, wurde am Balken der Zimmerleute weiter fleißig gearbeitet. Bis der Baumstamm für die Weiterverwendung fertig sei, bräuchten sie wohl den ganzen Tag, schätzt der Zimmermann Christ. Vor der Industrialisierung hätten geübte Zimmermänner eine halbe Stunde pro Meter geschafft, schätzte er, wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte zum nächsten Hieb an.