Seine politische Zukunft ist ungewiss: Sigmar Gabriel (SPD) Foto: Getty Images Europe

Der deutsche Außenminister hat sich für den gefangenen Journalisten starkgemacht – unter anderem bei zwei Geheimtreffen mit dem türkischen Präsidenten Erdogan. Es wird interessant zu sehen, wie die SPD mit dieser jüngsten Wende umgeht.

Stuttgart - Es hatte sich angedeutet: Deniz Yücel ist auf freiem Fuß. Nach über einem Jahr ohne Anklage in türkischer Untersuchungshaft. Jeder Tag davon war einer zu viel. Doch freier Fuß heißt nicht Freispruch. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft fordert für den deutsch-türkischen Journalisten wegen „Propaganda für eine Terrororganisation“ und „Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit“ eine Haftstrafe zwischen vier und 18 Jahren. Der Fall Yücel wird damit auch auf politischer Ebene erst dann beendet sein, wenn Yücel die Türkei trotz des laufenden Prozesses verlassen hat. Erst dann ist er in Sicherheit.

Gabriel darf stolz sein

Auch das zeigt: Von einer Rechtsstaatlichkeit ist die Türkei, wo weiter über 100 Journalisten unter fadenscheinigen Gründen inhaftiert sind und man am Tag von Yücels Freilassung sechs zu lebenslanger Haft verurteilt hat, noch weit entfernt.

Auch diese Freilassung ist ein Erfolg für Sigmar Gabriel, der nicht zuletzt bei zwei Geheimtreffen mit Präsident Erdogan einen großen diplomatischen Erfolg errungen hat. Voreilige Versuche, Yücels Freilassung mit den Vorwürfen eines schmutzigen Rüstungsdeals zwischen Berlin und Ankara zu entwerten, entbehren zur Stunde nachweisbarer Indizien. Gabriel jedenfalls darf stolz sein. Ob und wie die SPD bei ihrem Versuch, ihn als Außenminister loszuwerden, darauf reagieren wird, dürfte neue Diskussionen auslösen.

wolfgang.molitor@stuttgarter-nachrichten.de