Drei junge Leute aus Murrhardt mussten sich vor dem Amtsgericht Backnang verantworten. Foto: Pascal Thiel

Wegen Schulden von zehn Euro setzt ein junger Mann ein Kopfgeld auf einen Bekannten aus. Drei Jugendliche aus Murrhardt locken den Schuldner in eine Falle und fesseln ihn.

Murrhardt/Backnang - Wegen gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung sind zwei junge Männer und eine junge Frau aus Murrhardt im Alter von 17 bis 21 Jahren vom Backnanger Amtsgericht schuldig gesprochen und mit Verwarnung, Arbeitsauflagen oder Geldstrafen belegt worden. Ihre Tat hat allerdings eher kurios-unsinnige, denn schwerkriminelle Züge an sich und liegt bereits gut zwei Jahre zurück. Laut der Anklageschrift, die sich in der Verhandlung dann bestätigen sollte, hatten die drei davon erfahren, dass ein Bekannter ein Kopfgeld von 100 Euro ausgesetzt habe – auf einen guten Freund der drei. Der Grund für das Kopfgeld: Schulden des späteren Opfers in Höhe von zehn Euro.

Auf dem Hof der Hörschbachschule in eine Falle gelockt

Ob sie tatsächlich angenommen hätten, dass der Sulzbacher Auftraggeber ihnen 100 Euro geben würde, wenn sie den Schuldner bei ihm in Sulzbach abliefern, fragte der Richter Hans-Peter Züfle den jüngsten im Bunde, der zur Tatzeit mit 14 Jahren und zehn Monaten erst seit Kurzem strafmündig war. „Ja, klar“, bestätigte dieser kurz und knapp und fand das Ganze während der Verhandlung auch heute noch zum Lachen.

Den Freund hatten die drei an jenem Tag unter dem Vorwand, gemeinsam chillen zu wollen, auf den Schulhof der Hörschbachschule gelockt. Nach einem kurzen Gespräch packte dort die damals 17-Jährige das eher schmächtige Opfer von hinten und umklammerte seinen Oberkörper. Der jüngste im Bunde zückte die mitgebrachten Kabelbinder, fesselte dem Freund die Handgelenke zusammen und und zusätzlich noch an das eigene Handgelenk. So, das bestätigten alle drei, habe man dann die sechs Kilometer gen Sulzbach laufen wollen – zum Abkassieren des auf den Kumpel ausgesetzten Kopfgelds.

Freunde und der Vater überreden das Opfer, zur Polizei zu gehen

Der Plan war allerdings schnell dahin. Denn schon nach den ersten Metern erblickten die Amateur-Entführer am Sportplatz einen Streifenwagen. Aus Angst, bei der Polizei unangenehm aufzufallen und möglicherweise auch, weil die Fesseln sich schmerzhaft eng zusammenzogen, lösten sie diese. Ihrem Opfer sagten sie, er solle später zum Weitertransport gen Sulzbach wieder erscheinen. Was der junge Mann, der durch die Kabelbinder Hämatome und Schürfwunden an beiden Handgelenken erlitten hatte, aber nicht tat. Er ging nach Hause und flüchtete mit einem anderen Kumpel über den Balkon. Erst später konnten ihn Freunde und sein Vater dazu überreden, zur Polizei zu gehen. Heute, so bestätigte er vor Gericht, sei er mit den damaligen Kopfgeldjägern trotz allem wieder gut befreundet.

Vorstrafen und eine schwere Jugend

Die ganze Runde der wegen Freiheitsberaubung Angeklagten ist mit einer schweren Jugend behaftet: Der heute 17-jährige Jüngste im Bunde ist bereits mehrfach kriminell in Erscheinung getreten. Der Älteste etwa hat massive Entwicklungsrückstände, ist krankheitsbedingt nicht arbeitsfähig und lebt inzwischen – wegen anderer Vergehen unter gerichtlicher Betreuung – in Berlin. Von November an hat er eine Entziehungskur vor sich. Die Dame aus der Gruppe verdient nach einer schwierigen Vergangenheit inzwischen immerhin eigenständig etwas Geld.

Dennoch: „Das ist sicherlich kein Kavaliersdelikt“, sagte der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Es handle sich um eine gemeinschaftliche Freiheitsberaubung, die nicht ohne Strafe bleiben könne. Für den Jüngsten auf der Anklagebank forderte er eine Auflage von 40 Arbeitsstunden, für die junge Frau eine Geldstrafe von 600 Euro. Für den Ältesten seien 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit angemessen.

Der Richter bleibt unter der Forderung der Staatsanwaltschaft

„Die Freiheit ist ein hohes Gut“, so sagte auch Richter Züfle bei der Urteilsverkündung, ein Übergriff diesbezüglich sei absolut nicht zum Lachen. Weil sie laut der Jugendhilfe trotz vorheriger Verurteilungen inzwischen eine gute Prognose aufweist, beließ er es bei der heute 19-Jährigen bei 400 Euro Geldbuße und beim 21-Jährigen, dessen Tatbeitrag bei der Kopfgeldjagd vergleichsweise gering gewesen sei, bei einer Verwarnung samt Auflage der Teilnahme an der geplante Entziehungskur. Der heute 17-jährige junge Mann mit den Kabelbindern und den unpassenden Lachanfällen vor Gericht muss 30 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten.