132 Frauen haben im vergangenen Jahr nach einem Zimmer im Frauenhaus Filder gefragt, doch nur sieben konnten neu aufgenommen werden. Foto: imago stock&people

Am Sonntag ist Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen. Auch das Frauenhaus auf den Fildern hilft Opfern – aber es fehlen Zimmer.

Filder - Wer im Frauenhaus Schutz vor einem gewalttätigen Mann sucht, ist am Ende seiner Kräfte. „Die Frauen sind verzweifelt, traumatisiert, geschockt“, sagt Tanja S. vom Verein Frauen helfen Frauen Filder, die mit zwei Kolleginnen Betroffene und deren Kinder betreut. Um den Männern, vor denen die Frauen geflohen sind, keine Angriffsmöglichkeit zu geben, möchte die Sozialpädagogin nicht ihren vollen Namen nennen.

Obwohl Tanja S. nur zu gut von der großen Notlage der Frauen weiß, die vor ihrem Zuhause fliehen möchten, muss sie ihnen immer häufiger eine Absage erteilen. Der Grund: Das Frauenhaus auf den Fildern, das es seit 18 Jahren gibt, ist voll. Das Gebäude, dessen Standort geheim ist, hat Platz für sechs Frauen, die mit bis zu acht Kindern für eine befristete Zeit dort wohnen können. Der Bedarf ist aber ungleich größer: 132 Frauen haben im vergangenen Jahr nach einem Zimmer gefragt. Nur sieben konnten neu aufgenommen werden, denn: „es wurde wenig gewechselt.“ Die Verweildauer der Frauen und ihrer Kinder werde immer länger. Blieben die Frauen früher durchschnittlich etwa neun Monate, so ist es heute eher ein Jahr oder sogar noch länger.

Wohnungssuche schluckt Kapazitäten

Der Hauptgrund hierfür ist der angespannte Wohnungsmarkt. Derzeit ist es für jedermann schwierig, eine bezahlbare Wohnung zu finden; für eine alleinstehende Frau, manchmal mit Migrationshintergrund, womöglich mit Kindern und ohne Arbeit, ist es ganz besonders schwer. Wenngleich Tanja S. betont, dass gewalttätige Männer in allen Gesellschaftsschichten vorkommen. „Ein Großteil unserer Arbeitszeit geht inzwischen für die Wohnungssuche drauf“, bedauert Tanja S..

Was passiert, wenn eine Frau am Telefon abgewiesen werden muss? Eine telefonische Beratung bekommt sie in jedem Fall, sagt die Sozialpädagogin. Dann wird bei anderen Frauenhäusern nach einem freien Platz geschaut, aber in Baden-Württemberg sowie in ganz Deutschland herrscht dieselbe Raumnot. „Es gibt allgemein zu wenig Plätze in Frauenhäusern.“ Wenn es kein freies Zimmer gibt, wird geschaut, ob die Frau eventuell bei Verwandten oder Freunden unterkommen kann. Im nächsten Schritt wird überlegt, ob vorübergehend eine Pension in Frage kommt. „Wir versuchen es aber immer anders hinzukriegen, denn die Frauen brauchen mehr als ein Hotelzimmer. Sie brauchen Betreuung und einen Ansprechpartner“, sagt Tanja S.. Schließlich sei diesen Frauen Gewalt angetan worden, ob auf körperliche oder psychische Weise.

Endlich wieder schlafen

Ein Zimmer im Frauenhaus ist aber immer nur eine Übergangslösung. „Die Frauen müssen raus aus der akuten Situation. Wir bieten ihnen Schutz, Sicherheit und Hoffnung auf eine Zukunft. Hier können sie zur Ruhe kommen und endlich wieder schlafen“, sagt die Sozialpädagogin. Manchmal komme es vor, dass eine Frau sich dazu entscheidet, wieder nach Hause zurückzukehren. „Das respektieren wir. Es ist in Ordnung, wenn sie es noch mal probieren will.“ Grundsätzlich könnten die Frauen so lange im Frauenhaus bleiben, wie sie Schutz brauchten und bis geklärt sei, wie sie ihr Leben selbstständig regeln können.

Nicht zuletzt wegen des Platzmangels gibt es ganz klare Bedingungen, wann eine Frau in ein Frauenhaus aufgenommen werden kann. Obdachlosigkeit alleine reicht nicht, um ein Zimmer zu bekommen. „Eine Form der Gewalt oder deren Androhung muss da sein.“ Die Betroffene muss mindestens 18 Jahre als sein, darf keine Drogen oder Alkohol zu sich nehmen und nicht akut psychiatrisch erkrankt sein. „Sie muss es am Wochenende ohne uns schaffen“, erklärt Tanja S.. In der Regel nutze aber niemand das Angebot aus: „Eine Frau geht nicht einfach so ins Frauenhaus. Sie gibt ihr eigenes Zuhause auf, eventuell auch ihre Familie. Es ist ein großer und schwerer Schritt.“

Kein sozialer Abstieg

Tanja S. ist wichtig, zu betonen, dass das Frauenhaus schön ist. Fotos zeigen helle Räume, die liebevoll eingerichtet sind. Manche Betroffene würden den Weg ins Frauenhaus aus Furcht vor sozialem Abstieg scheuen. „Aber das ist es nicht. Das Haus ist schön und sauber. Es ist wie eine Brücke in ein neues Leben.“ Im Laufe der knapp zwei Jahrzehnte, die Tanja S. für das Frauenhaus auf den Fildern gearbeitet hat, hat sie gelernt, die heftigen Schicksale der Frauen auszuhalten. „Die Arbeit ist so sinnvoll. So vielen Frauen geht es später wieder gut, die Erfolge sind da. Das ist das Schöne“, sagt die Sozialpädagogin.