Gute Sprungkraft, starker Wurf: Kim Naidzinavicius setzt sich gegen die Abwehr des kroatischen Nationalteams durch. Foto: imago//Tilo Wiedensohler

Die erfahrene Spielführerin Kim Naidzinavicius ist die wichtigste Säule in der deutschen Frauenhandball-Nationalmannschaft. An diesem Donnerstag zeigt sie ihr Können bei der WM-Generalprobe in Stuttgart.

Stuttgart - Kim Naidzinavicius ist nicht die älteste Spielerin im Kader der deutschen Frauenhandball-Nationalmannschaft. Die meisten Lebensjahre weist Antje Lauenroth auf. Die Teamkollegin von der SG BBM Bietigheim feierte am 3. Oktober ihren 31. Geburtstag. Kim Naidzinavicius ist zweieinhalb Jahre jünger, aber dennoch die erfahrenste Spielerin von Bundestrainer Henk Groener. Vor dem Länderspiel an diesem Donnerstag (19 Uhr/Sport 1, Karten unter www.dhb.de/tickets) in der Stuttgarter Scharrena gegen Montenegro liegt die 28-Jährige bei exakt 100 Einsätzen für die A-Nationalmannschaft. Keine Spielerin aus dem aktuellen Team hat so oft für Deutschland gespielt. Keine hat auch mehr Tore erzielt als die Rechtshänderin, 237 sind es bisher.

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Sie ist Kapitänin, Leitwölfin, die unumstrittene Führungspersönlichkeit. Sie verbindet spielerische Qualität mit Torgefahr. Zudem nimmt sie in der Deckung eine zentrale Rolle ein. Man nennt das dann immer gerne eine „komplette Spielerin“. Der Bundestrainer drückt sich lieber so aus: „Kim ist eine ganz, ganz wichtige Säule in meinem Team.“ Er hätte auch sagen können: Das 1,85 Meter große Rückraum-Ass ist die einzige Spielerin in seinem Kader mit Weltklasseformat. Macht er aber nicht, weil er sie vor der WM in Japan (30. November bis 15. Dezember) nicht explizit herausstellen möchte aus seinem homogenen Gebilde. „Wir haben nicht den einen ganz großen Star, wir leben von unserer mannschaftlichen Geschlossenheit“, erklärt der Niederländer.

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Und was sagt die Spielerin selbst? „Es ist eine große Ehre für mich, Spielführerin sein zu dürfen. Und ich weiß, dass ich Verantwortung übernehmen muss“, betont die gelernte Sport- und Fitnesskauffrau. Den Job als Führungsfigur füllte sie schon immer aus – unabhängig von der Binde. Vom früheren hessischen Landestrainer und langjährigen Buxtehuder Bundesligacoach Dirk Leun hat die gebürtige Gelnhausenerin (deren Opa einst aus Litauen nach Deutschland kam) in diversen Auswahlmannschaften viel gelernt. Unter ihm holte sie auch den WM-Titel 2008 mit der deutschen U20 im Finale gegen Dänemark. Über die Bundesligisten HSG Bensheim-Auerbach (2008-2011), Bayer Leverkusen (2011-2016) landete sie bei der SG BBM Bietigheim und feierte dort die deutschen Meisterschaften 2017 und 2019. Ein wichtiger Schritt. „Unter SG-Coach Martin Albertsen habe ich mich noch einmal weiterentwickelt – persönlich und sportlich“, sagt Naidzinavicius.

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Ihre ganze Karriere, ihr ganzes Leben, immer lief alles glatt. Bis auf eine Ausnahme: Bei der Heim-WM im Dezember 2017 war sie als das Gesicht des Aufschwungs im deutschen Frauenhandball auserkoren, doch beim Eröffnungsspiel in Leipzig kracht ihr Knie mit einer Gegnerin aus Kamerun zusammen. Nach 140 Sekunden war das Turnier für sie beendet – Kreuzbandriss. Als „bittersten Moment meiner Karriere“ bezeichnet sie diese Verletzung, die auch für das Team nicht ohne Folgen blieb. Deutschland schied ohne sie im Achtelfinale sang- und klanglos mit 17:21 gegen Dänemark aus.

WM-Generalprobe in Stuttgart

Mit ihr soll es nun besser werden. Nach der Generalprobe in Stuttgart geht es am Freitag mit dem Flieger nach Japan. Am 30. November (7 Uhr deutscher Zeit) startet die WM mit dem Spiel gegen Brasilien. Es folgen weitere Gruppenspiele gegen Australien (1. Dezember, 10 Uhr), Dänemark (3. Dezember, 12.30 Uhr), Frankreich (4. Dezember, 11 Uhr) und Südkorea (6. Dezember, 11 Uhr/alle live auf Sportdeutschland.tv). „Wir wollen weiter zusammenwachsen und uns die Teilnahme an einem Olympia-Qualifikationsturnier erarbeiten“, sagt Bundestrainer Groener.

Seine wichtigste Säule dabei ist Kim Naidzinavicius – die Leitwölfin mit Weltklasseformat.