Im Stuttgarter Süden hat der Verein seine Beratungsstelle für Frauen, die misshandelt werden. Die Adresse des Frauenhauses wird bewusst geheim gehalten. Foto: dpa

Der Verein Frauen helfen Frauen hat seit 1977 drei Anlaufstellen ins Leben gerufen, an den misshandelte Frauen Schutz und Zuspruch finden. Neben dem Frauenhaus, dessen Ort geheim ist, auch eine Beratungsstelle in der Römerstraße.

S-Süd - Mir kann das nicht passieren. Wenn sich diese Überzeugung als Trugschluss erweist und der Partner zuschlägt, dann suchen auch junge Frauen häufig die Schuld bei sich. „Gerade weil sie in dem Bewusstsein aufgewachsen sind, dass häusliche Gewalt tabu ist“, sagt Chris Scheuing-Bartelmess vom Verein Frauen helfen Frauen. Im Gegensatz zu ihren Müttern und Großmüttern scheut sich die heutige Generation von jungen Frauen jedoch nicht, frühzeitig um Hilfe zu bitten. Für Frauen, die körperlich und seelisch misshandelt werden, ist der Verein Frauen helfen Frauen seit 35 Jahren eine der wichtigsten Anlaufstellen in Stuttgart.

Der Verein, der sein Büro in der Römerstraße im Süden hat, betreibt nicht nur das autonome Frauenhaus und eine Beratungsstelle für Frauen, sondern in gemeinsamer Trägerschaft mit der Stadt auch eine Interventionsstelle. Diese wird beispielsweise dann tätig, wenn Männer aufgrund von Gewalt gegen Frauen der Wohnung verwiesen werden. Die Interventionsstelle unterstützt die misshandelten Frauen sowohl psychologisch als auch praktisch, etwa, indem sie den Frauen aufzeigt, wie sie ihre finanzielle Existenz sichern.

Parteilichkeit für Frauen ist notwendig

Die meisten Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauen und Kinder – quer durch alle Schichten und Nationalitäten. „Noch sichert die formale, gesetzliche Gleichberechtigung nicht die reale Gleichberechtigung“, betont Melanie Moll, die im autonomen Frauenhaus von Frauen helfen Frauen arbeitet. Weil es nach wie vor ein gesellschaftliches Ungleichgewicht zum Nachteil von Frauen gebe, ergreife der Verein bewusst ausschließlich Partei für das weibliche Geschlecht. Eine Parteilichkeit, die etwa der umstrittene Sozialwissenschaftler Gerhard Amendt kritisiert. Vor drei Jahren bezeichnete Amendt Frauenhäuser als „Hort des Männerhasses“ und behauptete, dass Frauen genauso gewaltbereit seien wie Männer. Es ist eine Kritik, die aus Sicht der Stuttgarter Frauen die Realität verkennt. Frauenhäuser seien ein Schutzraum, den Frauen nach wie vor bräuchten. Auch in Stuttgart.

2011 waren es 68 Frauen und 56 Kinder, die im autonomen Frauenhaus einen Platz fanden. Diejenigen, die darüber hinaus Hilfe brauchten, wurden entweder an das städtische Frauenhaus oder Frauenhäuser in umliegenden Landkreisen vermitteln. Weil das Angebot an Frauenhäusern begrenzt ist, sucht der Verein auch dringend nach einem zentrumsnahen Wohn- und Bürogebäude für das neue Frauenhaus. Der Mietvertrag für das alte Gebäude ist nicht verlängert worden, derzeit leben die Frauen in einer Interimslösung.

Der Verein muss jährlich eine fünfstellige Summe erwirtschaften

Neben dem Frauenhaus, dessen Adresse geheim ist, hat der Verein mit seiner Beratungsstelle in der Römerstraße ein Angebot, das öffentlich sichtbar ist. Die Beratungsstelle ist ein Anlaufpunkt für alle Frauen, die Gewalt in irgendeiner Form erleben, seelisch wie körperlich. In der Römerstraße können die Betroffenen in Gesprächen herausfinden, welche Möglichkeiten sie haben, und welcher Weg für sie der beste ist. Ebenso wie ins Frauenhaus kommen auch in die Beratungsstelle die Frauen mit den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Hintergründen, sagt Beate Rahm, eine der Ansprechpartnerinnen dort. Allein 2011 wurden dort 115 Frauen intensiv betreut.

In allen drei Einrichtungen des Vereins arbeiten 24 Frauen in Teilzeit und zahlreiche Ehrenamtliche. Der Verein selbst ist bewusst ohne Hierarchien organisiert, im siebenköpfigen Vorstand sind alle Frauen gleichberechtigt. Mit Chris Scheuing-Bartelmess gibt es aber eine Ansprechpartnerin für die Öffentlichkeit, etwa für diejenigen, die im Verein mithelfen oder die Arbeit finanziell unterstützen möchten. Frauen helfen Frauen muss beispielsweise jedes Jahr einen mittleren bis höheren fünfstelligen Betrag erwirtschaften, um die Einrichtungen mitzufinanzieren.