25 Jahre lang hat der Club des Alsaciens Stuttgart et Environs bei Festen und Veranstaltungen die französische Nachbarregion repräsentiert. Nun löst er sich auf, weil der Nachwuchs fehlt.
So viele schöne Erinnerungen. „Weißt du noch? Damals am Killesberg, als wir beim Lichterfest Flammkuchen verkauft haben? War das nicht wunderbar? Und erst das Dinner von den vier Sterneköchen aus Frankreich im Rathaus zur Langen Nacht der Museen? Und als Oberbürgermeister Wolfgang Schuster mit einer Dame aus der Trachtengruppe getanzt hat? Ein großer Spaß.“ Ein Hauch von Wehmut war dabei nicht zu verkennen. Denn die Stunde der Erinnerungen war auch die Stunde eines Abschieds, als sich ein Dutzend Damen und Herren vom Club des Alsaciens Stuttgart et Environs in Butterlins Restaurant in Ostfildern versammelten. Zum Mahl mit Cremant – was sonst? – als Aperitif und funkensprühenden Wunderkerzen als Dekor der Tafel. Denn der Club der Elsässer in Stuttgart und Umgebung hat sich nach 25 Jahren aufgelöst. Und auch ein Abschied muss festlich begangen werden.
25 Jahre lang zeigten die Elsässer Präsenz
Wer in der Fremde lebt, sucht im Kontakt mit anderen expatriierten Landsleuten ein Stück Heimat. So auch die Elsässer, von denen fast 100 000 in der Welt verstreut sind und sich in mehr als 65 Verbänden zusammengeschlossen haben, gebündelt in der 1981 gegründeten „Union International des Alsaciens“. In Stuttgart waren es Marie-José Süss, Inge Müller und Paul Pfeffer, Hauptgeschäftsführer von Somfy Deutschland, die am 15. Februar 2000 den Club des Alsaciens de Stuttgart et Environs gründeten. Mit dem Ziel, das Ansehen der Kultur, Gebräuche und die Traditionen ihrer Heimatregion zu fördern. Nicht, dass es an diesem Ansehen gefehlt hätte, denn Straßburg ist seit 1962 Partnerstadt von Stuttgart und, wie das ganze Elsass, ein beliebtes Ziel im kulinarisch weitesten Sinne für die schwäbischen Nachbarn. Aber für die Pflege guter Beziehungen kann nie genug getan werden. Und Madame Süss, gebürtig aus Colmar und 1982 nach Stuttgart gekommen, brachte dafür die besten Voraussetzungen mit: Durch ihre berufliche Tätigkeit für den Tourismus Baden-Württemberg und durch ihr Ehrenamt als Präsidentin des Club d’Affaires Franco-Allemand du Bade-Wurtemberg, dem Forum von französischen und deutschen Unternehmern und Geschäftsleuten in Baden-Württemberg. Ein Netzwerk vom Feinsten, Kontakte zu Politikern eingeschlossen.
Nun zeigten die Elsässer Präsenz in der Stadt. Als gesellschaftliche und gesellige Repräsentanten. In enger Zusammenarbeit mit dem Institut français und dem Generalkonsul. Beim Lichterfest am Killesberg, mit einer Tomi-Ungerer-Ausstellung auf dem Weingut Collegium Wirtemberg, beim Neujahrsempfang vom Club d’Affaires mit EU-Kommissar Günther Oettinger, mit Festen zum französischen Nationalfeiertag am 14. Juli oder mit Vorträgen bei der IHK, wo einmal Hauptgeschäftsführer Andreas Richter selbst als Vortragender einsprang, als ein Schneesturm das Kommen des damaligen Wirtschaftsministers Jean-Marie Bockel verhinderte. „Wir haben in diesen 25 Jahren viele Veranstaltungen organisiert“, berichtet Marie-José Süss aus der Geschichte des Clubs, der an die 60 Mitglieder zählte und dessen Präsidentschaft bis zuletzt Inge Müller innehatte. Zur Freude der Stuttgarter – und als Bereicherung des Stadtlebens. Besonders gut, schwärmt Madame Süss, waren die Beziehungen zum Rathaus unter der Ägide von OB Schuster. Er liebt Frankreich, weiß Süss. Kein Wunder, er hat ja in Paris studiert. Den Tanz mit der Trachtendame hat er dennoch vergessen, hört man.
Eine Elsässer Bastion bleibt: Butterlins Restaurant in Nellingen
Und nun soll alles zu Ende sein? Marie-José Süss redet nicht lange drum herum: „Wir sind zu alt geworden und haben keinen Nachwuchs.“ Zwar leben in Stuttgart und der Region 10 000 Franzosen, so Generalkonsul Gaël de Maisonneuve, aber darunter immer weniger Elsässer. „Sie pendeln, machen Homeoffice oder haben einfach andere Interessen“, weiß Süss und wird darin von Nadine Fouques-Weiss, der Beauftragten für Franzosen in Süddeutschland, bestätigt. Darum hat Anwalt Reiner Graner, der den eingetragenen Verein schon aus der Taufe gehoben hat, nun auch die korrekte Abwicklung vollzogen. „Ich hätte gern weitergemacht“, bedauert Inge Müller, auch der Generalkonsul bekennt seine Tristesse. Eine Elsässer Bastion bleibt zum Glück erhalten: Jean-Remy Butterlin, der elsässische Koch und Gastronom, seit Langem ihr kulinarischer Wegbegleiter. „Wir treffen uns aber weiterhin“, versichern sich alle zum Abschied. Bei Remy, ganz klar.