Franz Ferdinand (v. li.): Nick McCarthy, Robert Hardy, Alex Kapranos und Paul Thomson Foto: promo/Andy Knowles

Da sind sie wieder: die schmalen Anzüge, die Gitarren, der Rhythmus – Franz Ferdinand! Vier Jahre haben sich die ehemaligen Kunststudenten aus Glasgow Zeit gelassen für ihre viertes Album „Right Thoughts, Right Words, Right Action“. Was dahintersteckt, erklärt Sänger Alex Kapranos (41).

Da sind sie wieder: die schmalen Anzüge, die Gitarren, der Rhythmus – Franz Ferdinand! Vier Jahre haben sich die ehemaligen Kunststudenten aus Glasgow Zeit gelassen für ihre viertes Album „Right Thoughts, Right Words, Right Action“. Was dahintersteckt, erklärt Sänger Alex Kapranos (41).
Mr. Kapranos, vier Jahre sind eine lange Zeit – brauchten Sie eine Auszeit?
Das sieht nur so aus. Wir waren zwei Jahre auf Tour, und ich habe auch danach nicht aufgehört, Musik zu machen und Songs zu schreiben. Ich habe das Citizens!-Album produziert und den schottischen Gitarristen RM Hubbert. Klar, ein bisschen das Leben genossen habe ich auch.
Waren Sie auf Reisen?
Ich war in Marokko, Kroatien und Äthiopien. Besonders Äthiopien war großartig, weil ich mit äthiopischen Musikern gespielt habe. Ich war immer schon fasziniert von dem Land und seiner Geschichte, und ich liebe äthiopische Musik.
Wollten Sie vielleicht der Gitarrenband-Flaute ausweichen?
Nein, unser Album war einfach nicht früher fertig! Es fühlte sich fast so an, als würden wir eine neue Band gründen.
Also wie eine Art Comeback?
Ha, das Wort klingt so nach Siebzigern und alter Showbiz-Schule! Nein, für mich ist es einfach eine neue Platte.
Manche machen an Ihrer Rückkehr ein Gitarrenband-Revival fest.
Dann sind wir aber definitiv nicht dabei, denn wir blicken immer in die Zukunft, nie in die Vergangenheit. Das ganze Geschwätz erinnert mich an den Typen von Decca Records, der 1962 die Beatles ablehnte, weil er ein Ende des Rock’n’Roll voraussah.
Fühlten Sie sich unter Druck?
Nein, wir haben alles vermieden, was Druck hätte herbeiführen können. Wir haben keine Interviews gegeben, nicht mit der Plattenfirma gesprochen und uns mit Leuten umgeben, die wir respektieren. Unter anderen Roxanne Clifford von Veronica Falls, Björn Yttling von Peter, Bjorn und John sowie Joe Goddard und Alexis Taylor von Hot Chip – letztere beiden haben gute Ideen geliefert, und sie produzieren einen tollen Sound.
Es ist viel Rhythmus auf der Platte.
Wir waren immer eine Dance-Band! Nur eben keine mit Sequenzer, Sampler oder Synthesizer, auch wenn ich elektronische Tanzmusik liebe. Es ist handgemachte Musik, die einen zum Tanzen bringt. Im Herzen jedes Songs ist der Sound von vier Leuten zu hören, die zur selben Zeit in einem Raum zusammen spielen. Das hat eine menschliche Note, die einem kein Computer geben kann.
Der Anfang von „Evil Eye“ erinnert aber eher an ein Sample von Michael Jacksons „Beat It“ . . .
Das ist nur unser Paul, der die Drums spielt. Der Song klingt richtig funky. Es ist die Art von Produktion, für die Michael Jackson und Prince bekannt sind – und ich kenne die Tricks von Michael Jackson!
Was hat Sie zum titelgebenden Song „Right Action“ inspiriert?
Eine Postkarte, die ich auf dem Londoner Brick Lane Market gekauft habe. Auf der stand: „Come home, practically all is nearly forgiven.“ Es ist praktisch alles nahezu vergeben. Das ist herrlich ausgedrückt.
Aber immerhin eine Einladung!
Es ist der erste Song, und mir gefiel die Idee, mit diesen Worten zu eröffnen. Vielleicht ist es doch eine Comeback-Platte, denn ich singe: „Come back – come home!“
Oder Ihre Trennungsplatte? Im letzten Lied heißt es: „And this really is the end“ . . .
Sie haben das Fragezeichen am Schluss vergessen! Ich wollte, dass die Platte eine ganze Bandbreite an Emotionen abdeckt. Man fühlt ja nie nur eine. Wenn man liebt, ist da immer etwas, das die Liebe zu zerstören droht oder die Wahrnehmung der Liebe verändert. Es kann sein, dass man sich verliebt hat und zur selben Zeit den Job verliert. Oder jemand ist vor zwei Jahren gestorben und geistert einem immer noch im Kopf herum, so dass man nicht einfach nur lieben kann.
Das Leben ist niemals perfekt . . .
Natürlich nicht. Und ich liebe das! Es gehört zum Menschsein. Es gibt höchstens kleine Momente so voller Freude, in denen man alles andere vergisst. Das heißt aber nur, dass ein Gefühl so überwältigend ist, dass es andere kurzzeitig verdrängt. Bei der Beerdigung meiner Oma vor sechs Monaten war die Trauer groß, aber ich habe mich auch an die schönen Zeiten erinnert. Ich ruhte in mir, und ich habe sie verstanden wie nie zuvor.
Was denn genau?
Meine griechische Großmutter war interessiert an Hellseherei. Als Kind hat sie mir aus dem Kaffeesatz vorgelesen. Sie hat für die Familie und Freunde in die Zukunft gesehen. Und es waren immer Katastrophen!
Hat der Aberglaube auf Sie abgefärbt?
„Evil Eye“ handelt von dieser Tradition und der Idee des teuflischen Auges, das auf Leute geworfen wird. Ich tue tatsächlich abergläubische Dinge. Ich bin besessen davon, Treppen hochzulaufen, die eine gerade Zahl an Stufen haben. Ich nehme deshalb immer zwei Stufen auf einmal. Ich weiß, das ist dumm. Der logische Teil meines Gehirns sagt es mir, aber es hilft nichts.
Was ist mit schwarzen Katzen?
Damit habe ich kein Problem. Aber wenn ich Kaugummi kaue, kann ich ihn nie einfach wegwerfen. Ich muss ihn so weit wie möglich ausspucken. Wenn er nicht weit fliegt, wird der Tag nicht gut laufen.
Was interessiert Sie an „Fresh Strawberries“?
Erdbeeren sind für mich eine Metapher für die Sterblichkeit. Sie sind am schönsten und geschmackvollsten, kurz bevor sie verrotten. Erst dann sind sie voller Zucker und wundervoll rot. Aber das ist nur ein kurzer Moment. In dem Lied stelle ich mir Fragen über den Tod. Jeder tut das doch irgendwie.
Denken Sie oft an den Tod?
Mit 15 war das bei mir am intensivsten. Man fängt an, über seine Existenz zu grübeln. Auch wenn man sich zu der Zeit noch unsterblich fühlt, weil man so jung ist. Wenn man älter wird, bereitet es einem mehr Kummer. Bis man ein bestimmtes Alter erreicht und keinerlei Angst mehr hat zu sterben. Wie meine Oma von englischer Seite. Sie ist 86 und hat akzeptiert, dass sie gehen wird.
Auf You Tube steht ein Clip, in dem Sie einen Heiratsantrag machen . . .
Im Flieger hat ein Typ zu mir gesagt: „Entschuldige, ich möchte meinen Freund heiraten, und der ist riesiger Fan von Franz Ferdinand. Würdest du ein Video für mich machen, in dem du ihn fragst, ob er mich heiraten möchte?“ Ich fand es so berührend, dass ich der Glücksbote sein durfte!
Eine Karriereoption?
Alex, der Matchmaker? Ha, nein, lieber nicht. Obwohl: Im Fernsehen gibt es eine Dating-Show, die „Take Me Out“ heißt – wie unsere Erfolgssingle. Auch als Hochzeitsband würden Franz Ferdinand wohl taugen.
Haben Sie viele schwule Fans?
Klar. Viel Musik, die mit der Gay-Szene assoziiert wird, hatte einen riesigen Einfluss auf uns. Typen wie Giorgio Moroder, dessen Discomusik ich wirklich liebe, und Patrick Cowley, der diesen unglaublichen High-Energy-Dance gemacht hat.
Besuchen Sie auch Schwulenclubs?
Ja, wir sind früher schon gerne in Gay-Discos in Glasgow gegangen. Die Umgebung, der Style und die Musik sind inspirierend. Ich hoffe, es stört die Männer nicht, wenn wir mit ihnen abhängen. Auch wenn ich selbst nicht schwul bin, bin ich sehr gerne dort. Man kann da richtig Spaß haben.
Die Mode von Heteros und Schwulen gleicht sich ja auch an.
Absolut. Wie sich die Gay-Fashion in den 1980ern in die Mainstream-Mode integriert hat, ist fast schon drollig. Plötzlich trugen Gays diesen Macho-Skinhead-Look mit Jeans und klobigen Boots. Ich mochte das – Leute, die eigentlich anti-gay waren, mussten zusehen, wie man ihnen ihre Uniform wegnahm.
„Right Thoughts, Right Words, Right Action“ erscheint bei Domino.