Blick auf Paris und den Eiffelturm Foto: Adobe Stock/Alexander Demyanenko

Eine Möwenkolonie sorgt für Ärger in der französischen Hauptstadt. Auch die Pariser Polizei beklagt sich.

Paris - Paris liegt definitiv nicht am Meer. Dennoch werden viele Bewohner jeden Morgen von schrillem Möwengeschrei aus dem Schlaf gerissen. Vor allem im Stadtteil Belleville im Nordosten der französischen Hauptstadt scheinen sich die Tiere wohlzufühlen. „Es ist die Hölle“, klagt der Besitzer eines kleinen Cafés. „Was tun diese Vögel hier? Sie machen Lärm und kacken mir die Tische voll.“ Eine Frau widerspricht. „Wenn ich die Möwen höre, komme ich mir vor wie im Urlaub“, sagt sie.

„Von einer Invasion der Möwen kann keine Rede sein“, erklärt Fréderic Malher vom Zentrum für Ornithologie in Paris. In der Hauptstadt leben etwa 50 Paare. Seit rund 30 Jahren gebe es diese Kolonie, und zur Überraschung der Fachleute bleibt die Zahl der Vögel ziemlich konstant. Die Situation sei also nicht mit der Lage in manchen Küstenstädten wie Le Havre oder Trouville zu vergleichen, wo die Möwen tatsächlich zu einer Plage geworden sind.

Im südfranzösischen Marseille sind die Behörden inzwischen sogar dazu übergegangen, Möwen zu töten, da die Tiere immer aggressiver wurden und in den Augen der Verantwortlichen wegen mancher Krankheiten auch ein gesundheitliches Problem für die Menschen darstellen können. Von solchen Zuständen ist man in Paris freilich weit entfernt. Zwar ziehe auch hier jedes Paar regelmäßig zwei bis drei Junge groß, beobachten die Ornithologen, doch der Nachwuchs verlasse in den meisten Fällen die Metropole und fliege wohl Richtung Norden an die Küste.

Vor allem während der Brutzeit sind die Möwen überall zu hören

Zum akustischen Ärgernis für die Anwohner werden die großen Seemöwen in Paris vor allem während der Brutzeit im Frühjahr und Sommer. In dieser Zeit sind die Tiere untereinander besonders kommunikativ und fliegen laut schreiend umher. Im Zeitraum dazwischen sind die Vögel eher stumm. Immer wieder zu beobachten sind die Möwen während des Tages im Park von Buttes-Chaumont im Nordosten von Paris oder auch im Bois de Boulogne, wo es große Wasserflächen gibt.

Die Möwen scheinen sich in Paris ziemlich wohlzufühlen, zumal die Allesfresser während der Sommermonate in den Abfalleimern im Zentrum genügend Nahrung finden. Im Winter fliegen sie auch häufig zu den Mülldeponien am Rand der Metropole, wo sie einen reich gedeckten Tisch vorfinden. Ein weiterer urbaner Wohlfühlfaktor für die Möwen: Anders als in der freien Wildbahn auf dem Land habe die Tiere über den Dächern von Paris kaum Feinde – außer den umherstreunenden Katzen, die allerdings keine echte Gefahr für die großen Vögel darstellen. Forscher vermuten auch, dass die Tiere in die Städte drängen, weil sich ihr natürlicher Lebensraum am Meer dramatisch verändert hat. Immer mehr freie Fläche werde versiegelt oder durch Landwirtschaft kultiviert, auch die zunehmenden Freizeitaktivitäten der Menschen am Wasser hätten einen störenden Einfluss auf das Ökosystem und damit das Leben der Möwen.

Laut einem Bericht von „Le Parisien“ haben nicht nur manche Anwohner, sondern auch die Pariser Polizei ein Problem mit den Möwen. Die Tageszeitung schreibt, dass immer wieder Überwachungsdrohnen der Sicherheitskräfte von den Tieren angegriffen würden. Die Fluggeräte werden bei den inzwischen fast wöchentlich stattfindenden Demonstrationen in der Hauptstadt eingesetzt. Vor allem während der Brutzeit würden die Möwen die Drohnen attackieren, um ihr Nest vor dem vermeintlichen Feind zu beschützen. Allerdings will die Polizei die Lufthoheit nicht kampflos den Möwen überlassen. Offensichtlich testet sie nun Drohnen, die über kleine Lautsprecher Schreie von Raubvögeln ausstoßen. Ob die ziemlich cleveren Möwen auf diese plumpe Finte reinfallen, ist ungewiss.