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Wie weit darf das Fernsehen gehen? Diese Frage beschäftigt die französische Fernsehnation.

Paris - Wie weit darf das Fernsehen gehen? Diese ethische Grundsatzfrage beschäftigt derzeit die französische Fernsehnation. Auslöser der kontroversen Debatte ist die fiktive Doku-Show "Le jeu de la mort" ("Das Todesspiel"), das ein staatlicher Sender am Mittwochabend zur Hauptsendezeit ausstrahlte.

Christoph Nick ist der Erfinder dieser verstörenden TV-Formats. Unter dem Vorwand, einen Pilotfilm für eine neue Quizshow drehen zu wollen, trommelte er 80 willige Kandidaten zusammen. Ihren Gegenspieler - einen gewissen Jean-Paul - sollen sie für falsche Antworten mit Stromschlägen bestrafen. Was sie nicht wissen: Jean-Paul ist in Wirklichkeit Schauspieler, die Stromschläge sind nur gestellt.

Hang zum Tabubruch

Das alles erinnert an das berühmten Milgram-Experiments von 1963. Und wie damals in den USA bestätigt sich aufs Neue, dass durchschnittliche Menschen Testpersonen ohne weiteres Stromschläge verpassen, wenn man es ihnen befiehlt. Anfängliche Hemmungen der französischen TV-Kandidaten verflüchtigen sich rasch.

Obwohl Jean-Paul laut schreiend vorgibt, starke Schmerzen zu haben, kennen die Folterknechte keine Skrupel. Sie sitzen an einem Schaltpult und erhöhen eifrig die Stromstärke. Die schockierende Erkenntnis: 81 Prozent der Kandidaten gehen bis zum Letzten, sprich: bis zur tödlichen Dosis. Nur 16 Spieler sind ungehorsam.

Der Regisseur will mit dem fiktiven Todesspiel die zunehmende Verrohung des Fernsehens und seinen Hang zum Tabubruch anprangern. "Fernsehen hat Macht, und ich frage mich ernsthaft, ob es aus uns Henker machen kann", sagt Nick im Interview mit der Zeitung "Le Parisien". Das Zuschauerinteresse hielt sich allerdings in Grenzen. Nur 3,4 Millionen (13,7 Prozent) wollten den TV-Schocker sehen.