Frankreich zieht nach einem 1:0-Sieg gegen Belgien ins EM-Viertelfinale ein. Beim Jubel auf dem Stuttgarter Schlossplatz fallen Kevin und Elena aus Backnang mit ihren Fan-Outfits auf. Kevin ist zwar Deutscher, fühlt sich dem Nachbarland aber mehr verbunden.
Jubel bei den Anhängern der französischen Nationalmannschaft auf dem Stuttgarter Schlossplatz: Nach einem 1:0-Sieg gegen Belgien stehen die Franzosen im Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft. Viele Fans hatten sich wohl schon auf eine Verlängerung eingestellt, doch Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps bewies mit seinen Einwechslungen ein gutes Näschen: Kolo Muani, der in der 62. Minute auf den Platz kam, war maßgeblich am goldenen Treffer kurz vor Schluss (85.) beteiligt, indem er den Belgier Vertonghen anschoss, sodass dieser den Ball ins Tor abfälschte.
Im Nacken hat Kevin die französische Flagge tätowiert
„Ich wünsche mir, dass wir Europameister werden“, sagt Kevin aus Backnang (Rems-Murr-Kreis), der das Achtelfinal-Spiel mit seiner Frau Elena auf dem Stuttgarter Schlossplatz verfolgt hat. Die Stimmung in der Fanzone sei „genial“, deshalb sind die Beiden für die EM-Spiele der Equipe Tricolore immer in die Landeshauptstadt gekommen.
Hier in der Fanzone stechen sie mit ihren aufwendigen Outfits aus der Menschenmenge heraus. Kevin mit angeklebten Schnauzer, Elena mit Perücke – beides jeweils in den französischen Nationalfarben blau, weiß, rot. „Ich liebe Frankreich“, sagt Kevin und zeigt zum Beweis, dass diese Liebe sogar unter die Haut geht: Im Nacken hat er die französische Flagge tätowiert.
Mit Frankreich mehr verbunden als mit Deutschland
Aber – und das schiebt er gleich betonend hinterher: „Was politisch abläuft, der Rechtsruck, ist nicht so toll.“ Am Sonntag bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich landete das rechtsnationale Rassemblement National mit seinen Verbündeten vorne – und könnte künftig stärkste Kraft in der französischen Nationalversammlung werden.
Kevins Eltern sind von Frankreich nach Deutschland ausgewandert, er selbst ist in Backnang aufgewachsen, arbeitet für einen Automobilzulieferer. Seine Frau Elena lebt seit 2015 in der Stadt im Rems-Murr-Kreis. Wenn das Ehepaar in Rente ist, wollen sie ihren Lebensmittelpunkt eventuell wieder nach Frankreich verlagern. Denn mit dem Nachbarland sind die Beiden viel mehr verbunden als mit Deutschland.
Deutsche seien immer so zurückhaltend
Kevin hat zwar die deutsche Staatsbürgerschaft, aber die Treue hält er der französischen Nationalmannschaft: „Wenn Frankreich rausfliegt, ist das Turnier für mich zu Ende“, sagt er. Doch so schnell soll das nicht passieren – auch nicht bei einem möglichen Halbfinale gegen die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann (sollten beide Teams das Viertelfinale überstehen).
Und dann hat Kevin noch eine Botschaft in Richtung der deutschen Fans: „Sie sollen ihr Land lieben, sie könnten so stolz sein.“ Jetzt während der Fußball-EM könne man das zwar beobachten, aber sonst seien die Deutschen immer „so zurückhaltend“. Ganz anders als die Franzosen, sagt er: „Wir lieben unser Land.“