Kritisiert Opferrente für Kollaborateure: Linken-Chef Jean-Luc Mélenchon Foto: AP

Frankreich ist empört: 54 Franzosen, die während des Zweiten Weltkrieges auf Seiten des Nazi-Regimes gekämpft oder gearbeitet haben und verletzt wurden, erhalten eine Opferrente aus Deutschland.

Paris - Jean-Luc Mélenchon ist empört. Das ist der Chef der linken Bewegung La France insoumise (Das unbeugsame Frankreich) sehr häufig, doch dieses Mal hat er den ungeteilten Rückhalt der seiner Landsleute. Der Grund: In Frankreich bekommen 54 Franzosen, die während des Zweiten Weltkrieges auf Seiten des Nazi-Regimes gekämpft oder gearbeitet haben und verletzt wurden, eine Opferrente. „Ich habe die Vorsitzenden aller parlamentarischen Gruppen kontaktiert, um das zu verbieten“, schreibt Jean-Luc Mélenchon auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Aufgekommen ist die Diskussion um die Opferrenten, nachdem bekannt geworden war, dass auch in Belgien insgesamt 18 Personen noch heute von diesen Zahlungen des deutschen Staates profitieren. Nach Aussagen von Christophe Brüll, Historiker an der Universität Luxemburg, sind dies Personen, die zwangseingezogen wurden oder sich freiwillig den deutschen Streitkräften angeschlossen hatten.

Auch Fabienne Keller, Vertreterin der konservativen Partei Les Républicains im französischen Senat, war erstaunt, als sie von den Renten erfuhr. Von diesem Gesetz aus dem Jahr 1950 profitieren Schuldige, aber auch die Opfer, gibt sie zu bedenken. Bevor man also die Überweisungen verbiete, müssten zuerst einmal die 54 betroffenen Personen identifiziert werden, fordert die Politikerin. Es gebe auch Franzosen, die nicht freiwillig kollaboriert hätten, sondern zum Dienst gezwungen worden seien. Zudem schließe das deutsche Gesetz Ex-Mitglieder der Waffen-SS aus und jene, die als Kriegsverbrecher verurteilt worden sind. Alle, die aber in jener Zeit freiwillig dem Besatzungsregime gedient hätten, dürften dafür keine Rente erhalten, fordert h sie. Alles andere verhöhne die Erinnerung an die Opfer der Nazis.

Weltweit rund 2000 Empfänge

Grundlage für diese auch in anderen Ländern seit langer Zeit umstrittene Rente ist das im Jahr 1950 in Kraft getretene Bundesversorgungsgesetz, nach dem Leistungen an Kriegsopfer gezahlt werden. Sie wird nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums bei gesundheitlichen Schäden etwa durch militärischen Dienst ausgezahlt. Noch heute beziehen weltweit rund 2000 Personen eine solche Rente, die häufig zwischen 400 und 1200 Euro betragen kann.

Jean-Luc Mélenchon scheint zu ahnen, dass es schwierig ist, die Rentenansprüche der 54 Betroffenen in Frankreich auszusetzen, von denen die meisten wohl deutlich über 90 Jahre alt sein dürften. Also schlägt er einen anderen Weg vor. Das Geld solle an die „Fondation Charles de Gaulle“ ausgezahlt werden. Zur Erinnerung an jenen Mann, der im Zweiten Weltkrieg den Widerstand der Franzosen gegen das Nazi-Regime anführte.