Benoît Hamon gilt als Favorit bei Frankreichs Sozialisten. Foto: AP

Der Sozialist Benoît Hamon hat die besten Chancen, für die regierenden Sozialisten ins Rennen um das Präsidentschaftsamt in Frankreich zu gehen. In der ersten Vorwahl-Runde setzte er sich durch.

Paris - Der Parteirebell Benoît Hamon hat beste Chancen, für Frankreichs regierende Sozialisten ins Präsidentschaftsrennen zu ziehen. Der gegen Staatschef François Hollande aufbegehrende, politisch links außen beheimatete  frühere Bildungsminister (49) kam in der ersten Vorwahlrunde am Sonntag nach vorläufigen Auszählungsergebnissen auf 35 Prozent der Stimmen. Platz zwei belegt demnach der lange Zeit als Favorit gehandelte Ex-Premier Manuel Valls (54). Der kantige Reformer, der sich als sozialdemokratischer Pragmatiker profiliert hat, darf mit 31,6 Prozent rechnen.

Die endgültige Entscheidung, wer von den beiden im Frühjahr für die Sozialisten an den Start geht, fällt am nächsten Sonntag in einer Stichwahl. Die Favoritenrolle dürfte dann Hamon zukommen, darf er doch hoffen, die Wähler des am Sonntag auf Platz drei gelandeten und damit ausgeschiedenen früheren Wirtschaftsministers Arnaud Montebourg (54) auf seine Seite zu ziehen. Der nämlich zählt wie Hamon zum linken Parteiflügel und verbuchte 18,7 Prozent. Während Hamon im Wahlkampf mit kühnen Visionen von sich reden gemacht, ein Grundeinkommen für alle Bürger oder Visa für alle Flüchtlinge gefordert hatte, hatte sich Montebourg als Kandidat der Arbeiterschaft und Fürsprecher protektionistischer Wirtschaftspolitik hervorgetan.

Vier von fünf Franzosen sind von Hollande enttäuscht

Die Freude der Finalisten über den Einzug in die Stichwahl dürfte sich indes in Grenzen halten. Nur etwa 1,8 Millionen der zur Abstimmung gebetenen Sympathisanten der Linken haben sich in eines der 7530 Wahlbüros bemüht. Fünf Jahre zuvor hatten sich 2,7 Millionen an der Kandidatenkür der Sozialisten beteiligt. Bei den Vorwahlen der Konservativen, die der Ex-Premier François Fillon vor zwei Monaten überraschend für sich entschieden hatte, waren gar 4,3 Millionen Wähler gezählt worden. Als Hauptgrund des Desinteresses gilt die offenkundige Chancenlosigkeit der Sozialisten im Präsidentschaftsrennen. Vier von fünf Franzosen zeigen sich von Staatschef Francois Hollande enttäuscht, der die Konsequenzen gezogen hat und nicht mehr antritt. Die Genossen bekommen den Frust zu spüren: Laut Umfragen erwartet sie in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen Ende April Platz fünf, ganz gleich, ob der Kandidat nun Hamon oder Valls heißt.

Das gute Abschneiden der Platz eins und drei belegenden Parteirebellen dürfte der Einsicht geschuldet sein, dass es den Sozialisten weniger um die Kür eines potenziellen Staatschefs geht als um die Zukunft der von Richtungskämpfen zwischen Sozialdemokraten und Linkssozialisten ausgezehrten Partei. Die geringe Wahlbeteiligung dürfte dem Sieger allerdings nur geringe Legitimität verleihen.

Die politische Konkurrenz, die sich klarer positioniert hat, kann zufrieden sein. Bei der Rechtspopulistin Marine Le Pen, dem Konservativen François Fillon, dem Sozialliberalen Emmanuel Macron und dem Chef der Linkspartei Jean-Luc Mélenchon  glaubt der Wähler zu wissen, wie er dran ist. Meinungsforscher verheißen ihnen bei den Präsidentschaftswahlen die Plätze eins bis vier.