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Die Schere zwischen Bücherbegeisterten und Nicht-Lesern wächst. Anlässlich der Buchmesse in Frankfurt stellt sich die Frage: Wo liegt die Zukunft der Verlage?

Stuttgart - Jedes Jahr bereitet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Daten des Buchmarkts in suggestiver Form auf. Dieses Mal ist das Zahlenwerk als Reise durch den Weltraum gestaltet. Um das Zentralgestirn eines Gesamtumsatzes von etwas mehr als neun Milliarden Euro kreisen wie Trabanten die einzelnen Vertriebskanäle. Astronauten schweben im Dienst interstellaren Lizenzexports durch eine Milchstraße digitaler Vertriebsformen. Und stolz behauptet das Raumschiff Enterprise des Buchmarkts seine führende Stellung im kosmischen Vergleich gegenüber den kleineren Vehikeln anderer Branchen.

Was bei dem geschäftigen himmlischen Treiben unsichtbar bleibt, sind jedoch die sich ausbreitenden schwarzen Löcher. Und in ihnen verschwinden immer mehr: Leser, Verlage und die für die Bewältigung der Produktionen des Buchmarkts vielleicht wichtigste Ressource – Zeit.

Der Buchmarkt verliert Leser

Eine ganze Reihe von Hiobsbotschaften überschattet in diesem Jahr die weltgrößte Buchmesse, die am Dienstag in Frankfurt eröffnet wird. Was die Interessenvertretung der Branche sich immer wieder unverdrossen schöngezeichnet hat, lässt sich nicht länger durch findigen Zweckoptimismus kompensieren.

Von 2013 bis 2017 gingen dem Buchmarkt 6,4 Millionen Käufer verloren. Noch bleibt der Umsatz relativ stabil, weil die verbliebenen Leser mehr kaufen als zuvor. Doch die Schere zwischen Lesern und Nicht-Lesern, darunter unabhängig vom Bildungsniveau immer mehr jüngere Leute, geht weiter auseinander. Daran ändert auch die Entwicklung im E-Book-Sektor nichts. Zwar steigt die Kurve hier leicht an, doch die Zahl der Leser stagniert.

Die Gründe sind vielfältig. Im Auftrag des Börsenvereins hat das Marktforschungsunternehmen GfK einige Motive der Buchabwanderer ermittelt: Aufmerksamkeitskonkurrenz seitens digitaler Medien, wachsende Bedeutung von Streamingangeboten, schwindende Konzentrationsfähigkeit und insgesamt die Schwächung der gesellschaftlichen Rolle des Bücherlesens.

Verlage sterben

Ins Bild dieser Befunde passt, dass gleich drei renommierte Kleinverlage dabei sind, aus der viel gerühmten vielfältigen Verlagslandschaft zu verschwinden. Der Münchner A1 Verlag wurde bereits liquidiert. Stroemfeld, weithin geschätzt für seine sorgfältigen Gesamtausgaben, hat Insolvenz angemeldet, Klöpfer&Meyer aus Tübingen kann sich im nächsten Jahr kein Frühjahrsprogramm leisten.

Darauf reagiert das „Tübinger Memorandum“ der Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger und Thomas Knubben, das die Politik auffordert einzugreifen, um den Verlagspleiten entgegenzuwirken. Doch je dunkler der Himmel, desto heller funkeln die Sterne. Um neue fiktive Welten zu erschließen, sind Bücher immer noch ein zuverlässiges Verkehrsmittel.