Frank Paul Kistner hat auf der ganzen Welt nach kunstvollem Kabelsalat Ausschau gehalten und sehr unterschiedliche Formationen fotografiert, wie diese zwei Bilder zeigen. Foto: FPK/Frank Paul Kistner

Die Fotoserie „Connected“ von Frank Paul Kistner zeigt beeindruckenden Kabelsalat, der so schön ist wie abstrakte Kunst. Aber die irrwitzigen Konstruktionen erzählen auch viel vom Bemühen der Menschen, miteinander verbunden zu sein.

Stuttgart - Ob das wohl gut geht? Kabel, die wie Wolle verknotet sind, die gefährlich gespannt, verdreht, verknäult sind. Man will kein Elektriker sein bei dem aberwitzigen Kabelsalat, den Frank Paul Kistner aufgespürt hat.

Der Stuttgarter Fotograf hat für seine Serie „Connected“ Stromleitungen in aller Welt fotografiert. Ob in Asien, Lateinamerika oder Europa, immer wieder ist er auf beeindruckendes Chaos gestoßen, das offensichtlich aber doch zu funktionieren scheint.

In den Aufnahmen von Frank Paul Kistner entfaltet der aberwitzige Kabelsalat aber ungeahnte Schönheit. Denn was die Technik oder manchmal auch der Zufall hervorgebracht hat, erinnert an abstrakte Kompositionen, an zarte, wohl kalkulierte Linien, die wie mit schwarzer Tusche aufs Blatt gebracht sein könnten. Diagonalen ziehen sich spannungsvoll über die Fläche, zarte und starke Geraden treten in einen Dialog, sodass man eher an Zeichnungen als an Fotografien erinnert wird.

Kabel sind auch Symbole für den Versuch, miteinander in Kontakt zu kommen

Aber bei „Connected“ geht es um mehr als um Fragen der Ästhetik und das spannungsgeladene Miteinander von Linien und Flächen, von Schwarz und Weiß, von Materie und Nichts. Diese wilden, wirren Konstruktionen verraten viel über die Menschen, für die dieses Kabelchaos auch ein Stück Leben bedeutet.

Denn ob es Strom sein mag, das durch diese Drähte fließt, ob es Telekommunikationskabel sein mögen – letztlich stehen diese Leitungen für den fast rührenden Versuch der Menschen, die Technik zu beherrschen, um miteinander verbunden zu sein, um im wahren Wortsinn ans öffentliche Netz angeschlossen zu sein.

Das macht Frank Paul Kistners Fotografien zu Sinnbildern unserer Gesellschaft. Diese schwindelerregenden grafischen Kompositionen sind Symbole für das stete Ringen um Gemeinschaft. Denn der Einzelne will, ja muss nicht nur mit Licht und Strom versorgt sein, sondern auch als soziales Wesen dazugehören und Teil des großen Ganzen sein.

Zur Person

Frank Paul Kistner, 1959 geboren, ist in Stuttgart als freier Fotograf tätig. Bis Januar 2021 werden seine Arbeiten in der Galerie Meinlschmidt in Balingen ausgestellt.