Die Ausstellung in der Manufaktur Schorndorf ist bis 8. November zu sehen. Foto: Stoppel

Journalisten, denen beim G20-Gipfel in Hamburg die Akkreditierung entzogen wurde, zeigen ihre Fotos in der Schorndorfer Manufaktur. Sie haben die Wanderausstellung konzipiert, um auf diesen Eingriff in die Pressefreiheit aufmerksam zu machen.

Schorndorf - Am Freitag, 7. Juli 2017, will Julian Rettig während des G20-Gipfels in Hamburg ins Medienzentrum – ein paar Bilder hochladen, sich ein wenig ausruhen. Doch der Fotograf, der auch im Auftrag der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten unterwegs ist, kommt nicht weit: „Ich wurde nicht durch die Schleuse gelassen, mir wurde meine Akkreditierung weggenommen. Ein Beamter des Bundeskriminalamts (BKA) sagte mir, dass es ihm leid tue, aber er müsse das den ganzen Tag schon tun“, erzählt er.

 

Wanderausstellung „Die Diskreditierten“ in der Manufaktur Schorndorf

Insgesamt waren 32 Fotografen und Journalisten die Akkreditierung für den G20-Gipfels entzogen worden. „Nur mit dieser kann man an den offiziellen Veranstaltungen teilnehmen. Und es war nicht klar, ob man an Polizeiabsperrungen mit einem normalen Presseausweis durchkommt“, berichtet Renate Angstmann-Koch, Mitglied im Landesvorstand der Deutschen Journalisten Union (DJU). Sie hat am Freitag eine Wanderausstellung in der Schorndorfer Manufaktur eröffnet, die auf diesen Eingriff in die Pressefreiheit aufmerksam machen soll. Elf betroffene Fotografen und Journalisten haben sich dafür zusammengeschlossen, darunter ist auch Alfred Denzinger aus Rudersberg. Er ist Chefredakteur der Internetseite „Beobachternews“, die Demos und Polizeieinsätze dokumentiert.

Zu sehen sind Szenen, die um die Welt gingen: tausende Demonstranten auf den Straßen Hamburgs, ausgebrannte Autos, schwer bewaffnete Polizisten. Julian Rettig war ohne konkreten Auftrag in die Hansestadt gegangen, weil er sich mit vielen Kollegen einig war, dass der G20-Gipfel inmitten dieser Stadt „eine heiße Nummer werden könnte.“ Und weil die Dokumentation politischer Ereignisse, weil Reportagen ein Schwerpunkt seines Schaffens sind: „Ich mache gerne Bilder mit einer Geschichte dahinter und möchte, dass sich Menschen eine Meinung bilden können“, erzählt er.

Auch Berufsverband DJU und Anwalt können nichts ausrichten

Nachdem ihm in Hamburg die Akkreditierung entzogen worden war, hielt er mit seiner Kamera das Randgeschehen fest – zwei seiner Bilder sind in der Manufaktur zu sehen. Auf dem einen greifen Vermummte aufgestapelte Pflastersteine. Das andere Bild zeigt drei Frauen, die den vorbeiziehenden Demonstrationszug durch einen Fernseher beobachten.

Schon während des Gipfels hat Julian Rettig mit anderen Betroffenen den Berufsverband DJU informiert, der einen Anwalt organisierte. „An dem Wochenende ließ sich das nicht mehr klären“, erzählt er.

Ob es Gemeinsamkeiten gab? „Die meisten dokumentieren gesellschaftliche Konflikte und Proteste, haben beruflich Kontakte zur linken Szene“, sagt Julian Rettig. Offenbar, so berichtet Renate Angstmann-Koch, seien die Entscheidungen aufgrund falscher oder rechtswidrig gespeicherter Daten gefallen. Acht Fälle würden noch am Verwaltungsgerichtshof Berlin verhandelt.

Folge der Panne: eim neuer Akkreditierungsbeauftragter

BKA-Vize Peter Henzler hatte im Februar eingeräumt, dass es Namensverwechslungen gegeben hatte und dass Daten noch gespeichert gewesen waren, die schon längst hätten gelöscht sein müssen. Um solche Pannen in Zukunft zu vermeiden, gibt es im Bundespresseamt einen neuen Akkreditierungsbeaufragten. „Darüber sind wir froh“, sagt Angstmann-Koch.

Julian Rettig hat bisher vergeblich versucht, Einblick in seine Akten zu bekommen: „Ich würde schon gerne wissen, was über mich gespeichert ist.“

Info: Die Fotos zum G20-Gipfel sind bis zum 8. November im ersten Stock der Manufaktur Schorndorf zu sehen.