Darius Ramazani bei seiner Veteranenschau Foto: DR

Ihre zerfurchten Gesichter bekunden: Die Mützenmänner kennen das Leben. Ihre Blicke sagen aber auch: Wir haben noch nicht fertig. Darius Ramazani stellt seine hoch gelobte Fotoserie „Veteranen“ erstmals in der Stuttgarter Heimat aus. Unser Kolumnist Uwe Bogen über die Faszination von Falten, übers Altwerden und über Pläne, daraus das Beste zu machen.

Stuttgart - Man trifft die Herren im Baumarkt. Nur rumhocken daheim und sich durchs Fernsehprogramm zappen ist nicht ihr Ding. Die Frauen sind froh, wenn ihre Männer was zu schaffen haben. Ist es nicht höchste Zeit, die alten Dielenböden mit der Walzenschleifmaschine zum Glänzen zu bringen?

„1978 Parkett Kommando“, steht auf der Mütze des Mannes, dessen verkniffener Mund andeutet, dass er keine großen Worte macht, sondern lieber zupackt.

„Veteranen“ – so nennt Darius Ramazani, ein Stuttgarter mit iranischen Wurzeln, seine Fotoserie, mit der er sich vor einer Generation verbeugt, die das Land aufgebaut hat und in der Rente noch immer nicht die Füße hochlegt. Die Jungen können von ihnen viel lernen. Zu sehen ist die Ausstellung im Design Studio von Christian Weisser an der Möhringer Straße 41. Die Vernissage musste am Donnerstagabend schnell gefeiert werden, um die besten Verlierer zu erleben. Alt sahen die deutschen Spieler beim französischen Triumph gewiss nicht aus.

Erinnerungen an das Unbekannte Tier

Seine jungen Jahren hat Ramazani, der in Berlin als Werbefotograf und Künstler lebt, im Stuttgart der 1990er erlebt. „Das war die beste Zeit“, sagt er. Besonders gern erinnert er sich an den Club Das Unbekannte Tier im Metropol-Gebäude, dessen Ende vor genau 20 Jahren gerade im Netz gefeiert wird, was er fasziniert in Berlin verfolgt. Gerade mal 47 Jahre alt ist er – da wird man schon von nostalgischen Gefühlen übermannt.

Wer kann sich schon vorm Älterwerden oder Altsein drücken? Das Älterwerden ist die einzige Möglichkeit zum Überleben.

Von den Alten lernen! Die Spuren des Lebens hat Darius Ramazani schon in mehreren Arbeiten abgebildet. Für eine freie Serie hat er mehrere über 100-Jährige zu Hause in ganz Deutschland besucht und porträtiert. Es sind Fotos voller Würde und Ausdruck eines großen Respekts. Die „Veteranen“ waren zunächst die Auftragsarbeit eines großen Unternehmens, das damit Werbung machen wollten. Dann aber überlegten es sich die Verantwortlichen anders, wollten doch keine Alten auf Reklamewände bringen, und der bereits ausbezahlte Fotograf setzte die Serie allein fort. In Stuttgart stellt er die „Veteranen“ in Großformaten mit Fotos von Ein-Euro-Jobbern aus.

Ramazani will eines Tages in eine Alten-WG

Was kann ein 47-Jähriger von alten Menschen fürs eigene Altwerden lernen? „Es ist wichtig“, sagt er, „dass man sich über die Zahl seines Lebens gar keine so großen Gedanken macht, sondern einfach lebt.“ Im Kopf fühlen sich die meisten sowieso viel jünger, und es scheint ihnen nicht gutzutun, wenn Gedanken an die Beschwerlichkeiten eines hohen Alters sie herunterzieht.

Sein Alter will er mit Freunden in einer Wohngemeinschaft verbringen – das ist der Traum von vielen, doch Ramazani plädiert dafür, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten. Mit seinen Freunden sollte man jetzt schon damit beginnen, jeden Monat 150 Euro auf ein gemeinsames Konto einzuzahlen. Wenn dies jeder der Freunde mache, könne man sich vom Ersparten eines Tages nicht nur ein Haus kaufen, sondern auch zwei Pflegerinnen bezahlen, die mit einziehen.

Beim Altwerden gilt es, Neues zu entdecken und Neues zu wagen. Wer Glück hat von den Jüngeren, wird selbst mal Veteran.