Schlagworte auf blaue Stühle geklebt: das Forum will sich in seinen Aufgaben nicht verzetteln. Foto:  

Bei einem Sommer-Hearing hat das Forum Hospitalviertel „Visionen für die Zukunft“ gesammelt. Unter anderem soll das Quartier in Stuttgart-Mitte grüner werden.

S-Mitte -

Wer Aufgaben für die Zukunft in den Blick nimmt, macht keinen Fehler, wenn er vorher einmal auf die zurückgelegte Wegstrecke schaut. Dabei erscheint das Jahr 2002, als das der Verein Forum Hospitalviertel e. V. gegründet wurde, im Lichte der Gegenwart als sehr, sehr ferne Vergangenheit: „Vor zehn Jahren galt das Hospitalviertel als ein verlorenes Quartier, von dem kaum jemand dachte, dass sich hier noch etwas regen könnte“, stellte Pfarrer Eberhard Schwarz nun zu Beginn der Veranstaltung im Hospitalhof fest. Doch die Pessimisten haben ihr „blaues Wunder“ erlebt, wofür die himmelblauen „Wanderstühle“ ein sprechendes Sinnbild abgeben. Neben ihrem praktischen Nutzen. Und heute gilt das Quartier laut Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle „als ein Glücksfall“. Beispielhaft dafür, „was erreichbar ist, wenn Politik und Bürgerschaft gemeinsam an den Zielen arbeiten“. Sie fügte hinzu: „Und ein kleines Wunder ist es, dass wir diesen Platz am Hospitalhof so hinbekommen haben.“

Eine Einschätzung, die Achim Weiler, einst Stadtplaner in städtischen Diensten, nun Beisitzer im Vorstand des Forums, mit diesem Hinweis untermauerte: „Es ist eine Art Fügung, dass nicht fünf Jahre früher begonnen wurde, denn sonst würde hier jetzt fataler Verkehr durchfließen.“ Tatsächlich hatte der Gemeinderat vor zehn Jahren, als die Satzung zur Sanierung des Hospitalviertels beschlossen wurde, zur „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse“ nur eine „Begrenzung des Parksuchverkehrs und des Durchgangsverkehrs“ im Sinn gehabt.

Auf eine Idee einigen

Nun aber gehe es darum „neue Ziele“ anzupeilen. Just dafür fand nun die Runde mit Quartiersbewohnern statt, mit dieser Leitfrage: „Welches Thema ist mir für die Zukunft des Hospitalviertels besonders wichtig?“ Um hier kein bloßes Sammelsurium an Ideen und Wünschen zu zu fabrizieren, wählten Rosa Mugler und Stefanie Riethmüller, die beiden Moderatorinnen von der Breuninger-Stiftung, ein Verfahren, das ein Kondensat von Ideen zeitigen sollte: Im ersten Schritt sollte jeder Teilnehmer seine Antwort formulieren. Paarweise musste man sich dann auf eine Idee einigen und diese dann im Quartett noch einmal abwägen und sich dann für einen gemeinsamen Schwerpunkt entscheiden.

Als die erste der acht Gruppen als Ergebnis präsentierte: „Kommunikation ermöglichen, Menschen zusammenbringen“, erwies sich dies schnell als die alles übergreifende Thematik: der Platz als öffentlicher Raum, „auf dem sich alle sozialen Gruppen treffen für eine gutes Miteinander“. Belebung mit „einer neuen Form eines öffentlichen Stammtisches“, etwa mit temporärer Präsenz der Stadtbücherei, Kooperationen mit Musikern und Musikschule, bis hin zu einem „Yoga-Kurs draußen“. „Kiez-Charakter“ schaffen, „kleine Geschäfte etablieren“, angesichts gestiegener Immobilienwerte die „Gefahr der Gentrifizierung im Auge behalten“, Austausch im Viertel ermöglichen, das „Forum verstetigen“, toleranten Umgang und interreligiösen Dialog pflegen, „damit ein vielschichtiges Leben entsteht, um das man sich kümmert“. Das waren einige der Widerspiegelungen der zentralen Thematik. Ganz konkret war der Wunsch nach „mehr Grün im Quartier“. Sinnfällig wurden diese „Visionen“ als Schlagworte auf den Begriff gebracht – und so auf blaue Stühle geklebt: „Als Aufgaben, um die wir uns kümmern müssen, ohne uns zu verzetteln“, wie Schwarz als Vorsitzender des Vereins dann resümierte.

Silvia Korkmaz neue Geschäftsführerin

Dass das Forum weiter ein Motor der Entwicklung im Hospitalviertel sein will, spiegelte sich auch in einer Personalie: Als Geschäftsführerin verabschiedet wurde Gabi Stein. Schwarz rühmte die gelernte Architektin als „professionelle Nachbarin“, die sich um die Anliegen der Bewohner „in feiner, sensibler Art gekümmert“ habe, sodass „auch Freundschaften entstanden sind“. Schwarz betonte, dass „so komplexe Orte Kümmerer brauchen“. Auch hinsichtlich der Vernetzung im Quartier habe Stein „Pionierarbeit geleistet und Bewegung ins Spiel gebracht“. Ein Aufgabe, die nun Silvia Korkmaz übernimmt. Die 39-Jährige sagte: „Ich freue mich auf diese Aufgabe. Ich werde ein offenes Ohr haben für alles, was die Bewohner des Quartiers vorbringen.“