Gute Lehrer sind an allen Schularten gefragt. Foto: dpa

Die Zahl der Hauptschüler und Hauptschulen in Baden-Württemberg geht zurück. Deshalb bietet das Kultusministerium den Lehrern neue Möglichkeiten an.

Stuttgart - Die Landesregierung eröffnet Lehrern an Haupt- und Werkrealschulen erstmals Aufstiegschancen. In den nächsten fünf Jahren können sich knapp 5000 Pädagogen durch Fortbildungen für andere Schularten qualifizieren. Die neuen Kurse sollen Lehrern befähigen, künftig auch an Realschulen und Sonderschulen zu unterrichten.

Hintergrund ist, dass in den kommenden Jahren der Bedarf an Hauptschullehrern weiter sinkt. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Zahl der Hauptschulen von rund 1200 auf 680 verringert, die Zahl der Schüler habe sich auf rund 80 000 halbiert, sagte Kultusministerin Susanne Eisenmann am Dienstag in Stuttgart. In den nächsten Jahren rechnet die CDU-Politikerin mit einem weiteren Rückgang. Deshalb sei es wichtig, den Lehrern „Perspektiven für eine Beschäftigung in weiteren Schularten zu eröffnen. Geplant seien „hochwertige und umfassende Qualifizierungen, die teilweise mit einer Prüfung abgeschlossen werden und zum Teil auch in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden“. Wer die Qualifizierung abschließt, wird dann auch besser bezahlt – er rutscht von der Besoldungsgruppe A12 nach A13.

38 Millionen Euro für die Fortbildung

Das Angebot richtet sich sowohl an Haupt- und Werkrealschullehrer, die bereits an anderen Schularten unterrichten, wie auch an Lehrer, die an andere Schulart wechseln möchten. Insgesamt sollen 1200 Lehrer für Sonderschulen qualifiziert werden, 3800 für Realschulen und Gemeinschaftsschulen. Im vergangenen November haben die ersten 300 Pädagogen, die bereits an Realschulen unterrichten, mit der Fortbildung begonnen. Wie umfangreich die Fortbildungen sind, hängt von der Ausbildung und der Erfahrung der Lehrer ab. Die Qualifizierung für die Sonderschulen beträgt zwischen ein und zwei Jahren.

Für das Fortbildungsprogramm, das bis 2023 dauern soll, investiert das Land insgesamt 38 Millionen Euro. Welche zusätzlichen Kosten durch die Höhergruppierung der Lehrer entstehen, lasse sich noch nicht absehen, sagte Eisenmann. In der Endstufe sei voraussichtlich mit 40 bis 42 Millionen Euro pro Jahr zu rechnen.

Verbände fordern mehr Geld für alle

Derzeit unterrichten an den Haupt- und Werkrealschulen im Land noch etwa 30 000 Lehrer. Bei den Fortbildungen haben diejenigen Vorrang, die bereits an anderen Schularten unterrichten. Sie gehe davon aus, dass ein Teil der Lehrer auch in Zukunft an Haupt- und Werkrealschulen unterrichten werde.

Die Lehrerverbände begrüßen die neue Regelung, fordern aber weitere Schritte. „Wir brauchen jetzt einen klaren Stufenplan für die Qualifizierung und den Aufstieg der betroffenen Lehrkräfte von der Besoldungsgruppe A12 in A13“, sagte Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg. Sie fordert, dass wie bereits 2008 unter dem CDU-Kultusminister Helmut Rau auch Aufstiegsmöglichkeiten ohne Qualifizierungspflicht geschaffen werden. „So könnten auch die Lehrkräfte, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, diese Chance erhalten.“

Der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung erklärte, es sei „unverständlich“, dass Lehrkräfte, die an den Haupt- und Werkrealschulen blieben, nicht auch höhergruppiert werden. „Verzichtet man hier jedoch auf eine Höhergruppierung, dann werden genau diejenigen Lehrerinnen und Lehrer bestraft, welche die Haupt- und Werkrealschulen mit ihrem Einsatz noch am Laufen halten.“