Christian Knecht erkennt einen kranken Baum, wenn er ihn sieht. Im Eschbachwald etwa sind die meisten Eschen vom Eschentriebsterben betroffen. Foto: Marta Popowska

Der Förster Christian Knecht hat im Forstrevier Fasanengarten allerhand zu tun. Zu seinen Patienten gehören nicht nur kranke Bäume. Er muss auch viel Aufklärungsarbeit leisten, doch diesen Aspekt schätzt er an seinem Job besonders.

Weilimdorf - Sanft streicht der Wind durch die Kronen der Bäume und lässt die Blätter leise rauschen, nur ein Ahorn fällt etwas aus der Reihe. Er knarzt wie eine alte Tür im Wind. Christian Knecht bleibt stehen, lauscht einen Moment. Der Ast eines anderen Baumes reibt am Ahorn. „Im Wald herrscht ein ständiger Konkurrenzkampf um Wasser, Licht und Nährstoffe“, erklärt der Förster. Forstleute helfen dem etwas nach, indem sie die Kronen der Bäume freistellen. Auf der anderen Seite des Weges steht eine Gruppe Fichten, denen Knecht den „Trockenstress“ ansieht. Perioden mit hohen Temperaturen setzen den Bäumen zu, sie verlieren an Vitalität. Doch hier im Eschbachwald im Unteren Feuerbachtal ist es vor allem um die Eschen nicht gut bestellt. Sorgenkinder hat der Chef des Forstreviers Fasanengarten genug. Doch Sorgen bereiten ihm nicht immer nur Bäume.

Christian Knechts Revier erstreckt sich von Mühlhausen im Norden über Weilimdorf bis Botnang und Stuttgart West. Seit September 2016 ist er Chef des gut 1000 Hektar umfassenden Forstreviers Fasanengarten. Zum Geschäft des Großstadtförsters gehört die Holzernte. Doch er und seine Mitarbeiter überprüfen auch Bäume in Erholungsgebieten und entlang von Straßen auf ihre Verkehrssicherheit, pflanzen neue und pflegen sie. Im Sommer kontrolliert er auch Spielplätze – vor allem aber hat der Großstadtförster Kontakt mit Waldbesuchern. Und das nicht zu knapp. Doch der 30 Jahre junge Mann würde es nicht anders wollen.

Eschbachwald im Wandel

An einem Frühlingsmorgen steht ein Kontrollgang durch den Eschbachwald an. Der April zeigt sich in diesem Jahr von seiner besonders sonnigen Seite, sodass der Gang durch das Naturschutzgebiet fast wie ein Spaziergang anmutet. Es ist das einzig größere Waldstück im Stuttgarter Norden. Ein wichtiges Naherholungsgebiet, betont Knecht. Doch seit fünf Jahren verursacht hier – wie in anderen Teilen Deutschlands und Europas – ein Pilz mit dem niedlichen Namen Falsches Weißes Stängelbecherchen ein flächendeckendes Eschentriebsterben. Der Pilz stammt aus Japan, wo er harmlos für die einheimischen Eschen ist. Wie genau er nach Deutschland kam, ist nicht bekannt. „Man weiß nur, dass er im Baltikum zuerst auftrat“, sagt Knecht. Sind die Blätter erst einmal befallen, wächst er über die Blattspindel in das unverholzte Mark von Trieben. Hat er alles besiedelt, wächst er in die bereits verholzten Bereiche weiter. Bei Jungpflanzen führt der Pilz rasch zum Absterben, ältere Bäume werden anfälliger für andere Schädlinge, sterben schließlich auch irgendwann ab. Da laut Knecht nur zwei Prozent der Eschen resistent gegen den Pilz seien, werden sie langfristig wahrscheinlich verschwinden.

Nie am Berufswunsch gezweifelt

Es gibt aber noch eine andere Seite. „Das Schöne am Eschbachwald ist, dass wir überall eine natürliche Verjüngung haben“, erklärt er. Und über das entstehende Totholz freuen sich Lebewesen wie etwa den Specht, der seine Höhlen in den Bäumen einrichtet. Dennoch seien zu viele sterbende Bäume für Forstleute schlecht. Nicht nur wegen dem Werteverfall des Holzes, sondern auch wegen der Verkehrssicherungspflicht. Knecht und seine Kollegen stehen in der Verantwortung, dass keinem Waldbesucher ein Ast auf den Kopf fällt oder noch schlimmeres. In einem Abschnitt an dem Rundwanderweg steht eine Gruppe befallener Eschen. „Hier stand mal eine Bank, die haben wir aus Sicherheitsgründen an eine andere Stelle verlegt“, sagt er.

Knecht schätzt seinen abwechslungsreichen Job. Nach seiner Ausbildung zum Forstwirt kam der Wunsch zu studieren in ihm auf. Also ging er an die Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg, um sein Wissen in einem Studium zu vertiefen. Seit 2016 arbeitet er in Stuttgart. Zunächst betreute er das Forstrevier Solitude, im September 2016 folgte er auf den Revierförster Dieter Hagenmüller, der in den Ruhestand ging.

„Ich habe nie an meinem Berufswunsch gezweifelt“, sagt Knecht. Obwohl die Aussichten für Förster nicht so rosig sind. Die Jobs in seinem Bereich wurden mit der Zeit weniger. Früher waren die Reviere kleiner, auch, weil die Mobilität beschränkt war. Heute sind sie deutlich vergrößert. Auch in Stuttgart werden sie immer größer. Vergangenen August wurden aus sechs fünf Reviere, damit wuchs auch Knechts Zuständigkeit auf mehr als 1052 Hektar.

Dabei ist Knecht nur für den Stadtwald, nicht für den Landeswald, zuständig. Damit gehört auch der Fasanengarten gar nicht dazu, obwohl das Revier so heißt und sein Vorgänger Dieter Hagenmüller dort im Forsthaus wohnte. „Das ist für die Bürger sehr verwirrend.“ Knecht müsse das häufig erklären, aber das sei gar nicht weiter schlimm. Die Zusammenarbeit mit Waldbesuchern macht ihm Spaß. „In Kontakt mit Menschen komme ich ständig. Wir tragen immer Uniform, daher wird man häufig angesprochen.“ Nicht immer seien die Leute ihm wohl gesonnen. Einmal hat ihm ein älterer Herr mit dem Stock aufs Auto gehauen, weil er sich durch Knecht wohl in seiner Ruhe gestört fühlte. „Ich versuche auf das Auto im Wald so oft es geht zu verzichten.“ Manche Begegnungen waren gar skurril. Ein anderes Mal wollte ihn ein Mann aus dem Wald schicken. „Er behauptete, er sei Förster.“ Knecht erklärte ihm dann, wer der Förster im Wald sei.

Ärger über Müll im Naturschutzgebiet

Er hätte sich auch Arbeit in einer ländlichen Gegend suchen und in Wäldern arbeiten können, in denen er tagelang keiner Menschenseele begegnet. Doch Knecht, der sich schon während des Studiums mit urbaner Forstwirtschaft beschäftigt hat, sucht den Kontakt aus einem weiteren Grund: „Es findet eine Entfremdung zum Wald statt. Ich sehe es als meine Aufgabe, dem entgegenzuwirken.“ Aufklärung sei wichtig. Wenn Menschen ihn beispielsweise fragen, warum denn Reisig im Wald liegen bleibe, erklärt er ihnen, dass dies einem gesunden Waldboden diene. Das Belassen von Reisig und Totholz unterstützt die Humusbildung. „Wie der Wald auszusehen hat, ist etwas sehr individuelles“, weiß er.

Was nicht in den Wald gehöre, sei Abfall, sagt Knecht als er eine vermüllte Bank entdeckt. Vor allem im Sommer sei dies ein großes Problem. „Im Naturschutzgebiet ärgert mich das besonders. Meine Mitarbeiter sind keine Müllmänner.“ Man trägt die Sachen in den Wald, also könne man sie auch wieder mitnehmen. Aufklären und vermitteln wird also weiterhin sein Job bleiben.