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Trinkwasser aus dem Bodensee ist in aller Munde. Unerwähnt bleibt oft die Region rund um Ulm und die Donau. Auch von dort beziehen Millionen Menschen im Südwesten ihr Trinkwasser. Ein Forschungsprojekt soll es nun noch sauberer machen.

Stuttgart - Bestandteile der Antibabypille, Rückstände von blutdrucksenkenden Mitteln oder von jodhaltigen Kontrastmitteln: Dass Substanzen wie diese nicht in Flüssen oder Gewässern sein sollten, darüber sind sich Politiker und Wissenschaftler einig. Doch wie das Problem lösen? Und welche Risiken bestehen für den Menschen? Auf Antwortsuche begeben sich Experten aus ganz Deutschland und der Schweiz im Wasserschutzgebiet Donauried-Hürbe, das im westlichen Bayern liegt, zwischen Neu-Ulm und Donauwörth. Es ist Deutschlands größtes Wasserschutzgebiet. Das macht es so spannend für ein Forschungsprojekt.

„Das Wasserschutzgebiet Donauried-Hürbe umfasst eine Fläche von 517 Quadratkilometern“, sagt Frieder Haakh, Technischer Geschäftsführer des Zweckverbands Landeswasserversorgung mit Sitz in Stuttgart. Die Landeswasserversorgung liefert Trinkwasser für drei Millionen Menschen im Südwesten und ist damit der zweitgrößte Fernwasserversorger im Land – nach der Bodenseewasserversorgung, die für vier Millionen Menschen zuständig ist. Die Landeswasserversorgung – und hier kommt das Forschungsprojekt wieder ins Spiel – entnimmt das meiste Trinkwasser aus dem Schutzgebiet Donauried-Hürbe und aus der Donau bei Leipheim an der Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg. Aufgrund seiner Karstlandschaft betrachte man das Wasserschutzgebiet als Modellregion, sagt Haakh. Es ließe sich leicht mit anderen Regionen in Deutschland vergleichen, in denen ebenfalls Trinkwasser entnommen wird. Durch den Karst könnten Schadstoffe aus dem Oberflächenwasser (Flüsse, Seen) ins Grundwasser sickern.

In den Kläranlagen rutscht noch vieles durch

Unterstützt wird das Projekt im Donauried vom Bundesforschungsministerium. Dort ist man seit langem den vielgestaltigen Verunreinigungen im Wasser auf der Spur – auch in der Schussen, einem Zufluss des Bodensees. Die 62 Kilometer lange Schussen gilt von allen Zuflüssen des Bodensees als am stärksten belastet. Ihr Einzugsgebiet ist dicht besiedelt, es wird intensiv genutzt, sowohl industriell als auch durch Ackerbau, Viehzucht und Obstanbau. Die Schadstoffe, die in die Schussen gelangen, liegen zwar nur im Mikro- und Nanobereich. Doch sie werden trotzdem in den Bodensee geschwemmt, den Trinkwasserspeicher für vier Millionen Menschen im Südwesten.

Sowohl in der Schussen als auch im Schutzgebiet Donauried-Hürbe stellen sich nun Fragen, die nicht nur die Menschen betreffen. So wollen die Forscher klären, welche Auswirkungen die Verunreinigungen auf Fische und wirbellose Tiere haben – unter anderen Schnecken, Bachflohkrebse und andere Gewässerorganismen. Für den Nachweis der Verunreinigungen müsse man allerdings neue Analysemethoden entwickeln, betont die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, die das Donau-Forschungsprojekt betreut.

Eine weitere Herausforderung für die Forscher sind die Kläranlagen, die rund um die Wasserentnahmestellen stehen. Moderne Kläranlagen entziehen den Abwässern zwar heute schon zwischen 70 und 90 Prozent aller Schad- und Nährstoffe. Doch vieles rutscht trotzdem noch mit durch: Spuren von Pestiziden, Hormone wie Östrogen aus der Antibabypille, Schwermetalle, Arzneimittelrückstände, Süßstoffe und Industriechemikalien. Im Donauried richte sich die „Forschungsaktivität vor allem auf die Abwasserbehandlung mit Aktivkohle und Ozon“, heißt es bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall. Unklar sei jedoch noch, ob der Einsatz von Aktivkohle und Ozon zu Folgeprodukten führe, die selbst schädlich für die Gewässer seien.

Doch wie schädlich ist es wirklich? Selbst Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) weiß diese Frage nicht exakt zu beantworten. In einem Bericht, den er kürzlich vorgelegt hat, räumt er ein, dass es bisher kein ausreichendes Datenmaterial über die Auswirkungen von Mikroverunreinigungen auf Mensch und Umwelt gibt. „Es gibt Stoffe, die wir auch in kleinsten Mengen in unseren Flüssen und Seen nicht haben wollen“, sagt Untersteller. Sie zu entfernen sei eine schwierige und wichtige Aufgabe.

Im Wasserschutzgebiet Donauried-Hübe, dem Trinkwasserspeicher für Millionen Baden-Württemberger, sollen nicht nur die Forscher zu einem sauberen Wasser beitragen. Auch die Bevölkerung rund um das Gebiet ist gefragt. So dürften Medikamentenreste – wie auch im Rest des Landes – nicht in der Toilette entsorgt werden. Auch Landwirten ist es untersagt, Gülle in bestimmten Zonen im Donauried auszubringen.