„Das ist das, was wir am Ende sehen wollen, wenn es um Start-ups geht“, sagt der Wirtschaftsprofessor Andreas Kuckertz über die Biotechnologie-Unternehmen Biontech oder Curevac, die derzeit Coronaimpfstoffe entwickeln. Foto: Uni Hohenheim

Der Wirtschaftsprofessor Andreas Kuckertz von der Universität Hohenheim hat die Rolle von Start-ups in der Coronapandemie untersucht. Seiner Erkenntnis nach haben diese neuen Unternehmen einen entscheidenden Vorteil.

Hohenheim - Alle reden von Start-ups – aber was genau ist das eigentlich? Wann ist eine neu gegründete Firma nicht einfach nur ein junges Unternehmen, sondern eben ein Start-up? Andreas Kuckertz, Wirtschaftsprofessor an der Universität Hohenheim mit dem Fachgebiet Unternehmensgründungen und Unternehmertum, hat darauf eine Antwort: „Alle Unternehmen, die jung, innovativ und auf Wachstum gezielt sind.“

 

Ein frisch eröffnetes Restaurant sei demnach kein Start-up, schließlich gibt es davon etliche. Und auch das Thema Wachstum spiele in der Gastronomie eine untergeordnete Rolle. „Start-ups sind noch nicht festgefahren. Die suchen sich und das, was am Markt funktionieren würde“, erklärt Kuckertz. Viele Start-ups entstünden aus der Forschung heraus mit dem Ziel, kommerzialisiert zu werden. Biotechnologie-Unternehmen wie Biontech oder Curevac, die derzeit Coronaimpfstoffe entwickeln, sind Paradebeispiele dafür, wie aus kleinen Keimzellen große Unternehmen wurden. „Das ist das, was wir am Ende sehen wollen, wenn es um Start-ups geht“, sagt Kuckertz.

In den vergangenen ein, zwei Jahrzehnten habe sich in Deutschland eine rege Start-up-Szene entwickelt. „Durch den Lockdown hat sie aber einen Schlag bekommen“, sagt der Wirtschaftsprofessor. Der Staat habe zwar viel gemacht, um etablierte Unternehmen zu unterstützen, allerdings sei vor allem zu Beginn der Pandemie vergessen worden, die ganz jungen Firmen mit Hilfsgeldern zu bedenken. „Wer in den letzten Jahren noch nichts verdient hatte, hat nichts bekommen.“ Inzwischen gebe es bessere Programme, die auch junge Firmen berücksichtigen.

Eine Studie untersucht Start-ups in der Pandemie

In einer Studie hat Kuckertz zusammen mit seinem Kollegen Professor Bernd Ebersberger untersucht, wie Start-ups mit der Coronakrise umgehen. „Uns hat interessiert: Wenn eine Krise mit Chancen einhergeht, wer nutzt dann diese Chancen? Wer räumt das Problem auf?“ In der Studie befassten sich die Forscher mit 136 Innovationen weltweit, die als Reaktion auf die Pandemie entstanden sind. Entwickelt wurden beispielsweise kontaktlose Lieferungen per Roboter, autonome Fahrzeuge oder Programme, um medizinisches Personal virtuell zu schulen.

Laut Kuckertz zeigte sich in der Studie, dass die durchschnittliche Zeitspanne vom Ausbruch der neuartigen Krankheit in der jeweiligen Region bis hin zur Einführung einer Innovation bei etablierten Unternehmen etwa 38 Tage betrug. Start-ups hingegen brachten neue Produkte und Dienstleistungen rund neun bis zehn Tage schneller auf den Markt. „Man kann sagen: Start-ups sind die Akteure, die am schnellsten aufräumen“, schlussfolgert der Wirtschaftsprofessor.

Start-ups reagieren schnell auf veränderte Situationen

Warum ist das so? „Ein junges Unternehmen kann sehr schnell umschalten. Es ist noch nicht in der organisationalen Trägheit eines etablierten Unternehmens gefangen“, sagt der Wirtschaftsprofessor. Letztere hätten häufig langwierige Verfahrensweisen und Prozesse. Unternehmen wie Daimler oder Bosch würden genau aus diesem Grund gerne mit Start-ups als kleinen, agilen Akteuren zusammenarbeiten.

Der Innovationslandschaft hat die Pandemie einen Schlag versetzt. Einige Start-ups bleiben vorerst ungeboren: Innovative Gründungen sind seither um 80 Prozent zurückgegangen, sagt Kuckertz. „All das, was in den vergangenen zwei, drei Jahren von Start-ups zur Marktreife gebracht wurde, kann nun nicht erfolgreich auf den Markt gebracht werden, weil Investoren die Füße still halten.“ Mittel- bis langfristig könnte das negative Folgen für die Wirtschaft haben. „Es droht, dass das, was die Produkte von morgen hätten sein sollen, nicht kommt.“