Schmerzmittel ohne Nebenwirkungen: Forscher sind dem ein großes Stück näher gekommen. (Symbolfoto) Foto: dpa

Forscher haben einen Weg zur Entwicklung von Schmerzmitteln ohne Nebenwirkungen wie Übelkeit, Benommenheit oder gar Sucht gefunden. An der Berliner Charité wird das neue Wirkprinzip vorgestellt.

Berlin - Schmerzpatienten leiden häufig unter den starken Nebenwirkungen ihrer Medikamente - Wissenschaftler der Berliner Universitätsklinik Charité haben nun einen Weg zur Entwicklung von Schmerzmitteln ohne gefährliche Nebenwirkungen gefunden. Grundlage sei ein neues Wirkprinzip, teilte die Charité am Donnerstagabend mit. Schwerwiegende Nebenwirkungen, wie bislang bei sogenannten Opioiden bekannt, könnten mit der neuen Methode vermieden werden, berichteten die Forscher im Fachmagazin „Science“.

Opioide sind starke schmerzstillende Substanzen. Sie kommen insbesondere bei Schmerzen durch Gewebeverletzungen und Entzündungen, beispielsweise nach Operationen, Nervenverletzungen, Arthritis oder Tumorerkrankungen, zum Einsatz. Häufige Nebenwirkungen können dabei Benommenheit, Übelkeit, Verstopfung und Sucht, in einigen Fällen sogar Atemstillstand sein.

Gesundes Gewebe reagiert nicht auf Wirkstoff

Anhand von Computersimulationen konnte das Forscherteam den Angaben zufolge Interaktionen an Opioidrezeptoren, den Andockstellen für Schmerzmedikamente, analysieren. Im Tiermodell habe der Prototyp eines morphinähnlichen Moleküls tatsächlich eine starke Schmerzstillung in entzündetem Gewebe ermöglicht, hieß es. Gesundes Gewebe habe hingegen nicht auf den Wirkstoff reagiert. Damit sei es gelungen, einen neuen Wirkmechanismus zu identifizieren, der eine Schmerzstillung ausschließlich in entzündetem Gewebe, also dem erwünschten Zielort, erziele. Postoperativer Schmerz und chronischer Entzündungsschmerz lassen sich den Forschern zufolge auf diese Weise ohne Nebenwirkungen behandeln, was die Lebensqualität von Patienten entscheidend verbessert.

„Im Gegensatz zu konventionellen Opioiden zeigt unser Prototyp NFEPP eine Bindung und Aktivierung von Opioidrezeptoren ausschließlich in saurem Milieu und hemmt somit Schmerz nur in verletztem Gewebe, ohne Atemdepression, Benommenheit, Suchtpotenzial oder Verstopfung hervorzurufen“, erklärten die Erstautorinnen der Studie, Viola Spahn und Giovanna Del Vecchio.

Die Erkenntnisse können dem Forscherteam zufolge auch auf andere Schmerzarten übertragen werden. Denkbar sei daher, dass nicht nur Schmerzmittel, sondern auch andere Therapeutika wirksamer und verträglicher werden könnten.

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