Wer sich eine Atemmaske näht, greift meistens zu Stoffresten, Geschirrtüchern oder alten T-Shirts. Ein praxisnaher Labortest des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie zeigt: die meisten Stoffe bieten einen guten Schutz vor großen Tröpfchen.
Mainz/Stuttgart - Das Coronavirus hat zwar in wenigen Wochen die Welt erobert, aber es ist nicht groß – ein einzelnes Virus hat einen Durchmesser von wenig mehr als 100 Nanometer. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat etwa einen Durchmesser von 0,5 bis 0,8 Millimeter, das heißt darin hätten quer aneinandergereiht 5000 bis 8000 dieser Viren Platz.
Die Tröpfchen, in denen Viren nach einem Hustenanfall durch die Luft schweben und von einem Mensch zum anderen gelangen können, sind jedoch viel größer – etwa fünf bis zehn Mikrometer oder mehr. Jeder, der sich vor einer Infektion mit einer Maske schützen will, fragt sich deshalb: Wie dicht muss meine Maske eigentlich sein? Und welches Material schützt mich am besten vor den Viren?
Forscher testen Stoffkombinationen für Atemmasken
Ein Team am Max-Planck-Institut für Chemie (MPIC) in Mainz wollte diese Frage in einem Laborversuch klären. Frank Drewnick und seine Mitarbeiter aus der Abteilung Partikelchemie haben sich eine Reihe von Materialien geschnappt, die normalerweise in jedem Haushalt vorhanden sind: Kaffeefilter, Spültücher, Molton- und Mikrofasertücher, Papiertücher von der Küchenrolle, Jersey und Baumwollstoff und sogar ein und zweilagige Staubsaugerbeutel. Zum Vergleich haben sie außerdem auch eine einfache OP-Maske sowie selbst genähte Masken aus mehreren unterschiedlichen Stoffkombinationen getestet.
Für ihren Test mischten die Forscher Aerosole – also Gase mit festen und flüssigen Schwebeteilchen. In diesem Fall waren die Schwebeteilchen 30, 100 und 500 Nanometer groß. Diese Aerosole wurden mit unterschiedlich schnell strömender Luft durch die Stoffe geleitet und teils auch noch elektrostatisch geladen. Dabei wurde der Partikelgehalt der durchströmenden Luft sowohl vor als auch nach dem Stoff gemessen.
Das Ergebnis – gegen größere Tröpfchen schützt fast alles
Wie sich zeigte, schützen fast alle Stoffe vergleichsweise gut vor großen Tröpfchen mit mindestens fünf Mikrometer Durchmesser, wie sie eben bei einem Hustenanfall oder beim Niesen ausgeschieden werden. „Die Effizienz liegt meist bei 90 Prozent und darüber“, sagt Frank Drewnick, Leiter der Forschungsgruppe. Aber auch wenn Tröpfchen weit fliegen können, so verdunsten sie doch vergleichsweise schnell, wie Stephan Borrmann, Leiter der Abteilung Partikelchemie am Institut sagt.
Die kleineren Partikel in Virengröße schafften es jedoch, einige der Stoffe zu passieren. Mikrofasertücher, einlagiger Frotteestoff und Masken aus zweilagiger Baumwolle mit eingelegtem Vlies, wie sie in vielen Blogs oder in den sozialen Netzwerken empfohlen werden, erwiesen sich als vergleichsweise durchlässig.
Gut schnitten hier die einlagigen Staubsaugerbeutel aus Micropor ab. Ihre Filterfähigkeit oder – wie die Forscher sagen: Abscheideeffizienz – liegt bei allen Partikelgrößen weit über 90 Prozent. Mit anderen Worten: ein Staubsaugerfilter tut, was er soll, und filtert effektiv. Noch effektiver bei kleinen Partikel ist nur der Back-up-Filter, der bei guten Staubsaugerfiltern ebenfalls mit in der Packung liegt. Die Frage ist nur: Kann man durch solche Staubsaugerbeutel auch atmen?
Der Staubsaugerbeutel als Atemmaske?
Selbst das haben die Atmosphärenforscher getestet. Allerdings nicht an sich selbst, sondern ebenfalls im Labor. Dafür haben Dreschnick und seine Mitarbeiter getestet, wie stark der Druck abfällt, wenn die Luft das jeweilige Gewebe durchfließt. Ist die Filterwirkung hoch, der Druckabfall aber niedrig, dann müsste man mit einer solchen Maske auch gut atmen können, so die Schlussfolgerung.
Tatsächlich landete der Staubsaugerbeutel hier nur im Mittelfeld – er erwies sich als genauso gut wie doppellagiger fester Baumwollstoff und schnitt nur wenig schlechter ab als eine einfache OP-Maske. Empfehlenswert sei sie nur für Sportler: „Durch so eine Maske zu atmen, ist wie ein Höhentraining in den Bergen“, kommentiert Stephan Borrmann. „Da wird das Atmen ähnlich anstrengend.“
Einsame Spitze war bei der Messung der Druckdifferenz dagegen der Kaffeefilter. „Den haben wir mit aufgenommen, weil man selbst Politiker manchmal mit Kaffeefiltern sieht“, sagt Frank Drewnick. Empfehlen würde er den Kaffeefilter nicht. Schließlich sei er dafür gemacht, Flüssigkeiten zu filtern – nicht jedoch Luft.
Für überschätzt hält er auch eine andere Maskenvariante, die im Internet als Gag kursiert: Die Damenbinde als eingenähter Luftfilter. Auch dieses Material haben die Aerosolforscher inzwischen getestet. Die Filterwirkung sei tatsächlich nicht schlecht, sagt Drewnick. Wohl aber die Durchlässigkeit – als Atemschutz sei eine Binde schlicht unbrauchbar.
Der Anfang ist gemacht
Das Testergebnis, sagen die Forscher, wollen sie nicht als Empfehlung verstanden wissen. „Unsere Daten machen keine Aussage darüber, wie gut eine Gesichtsmaske tatsächlich schützt. Sie helfen aber möglicherweise bei der Auswahl geeigneter Filtermaterialien für selbst genähte“, sagt Frank Drewnick.