Die Grünen sind laut einer Umfrage derzeit in Deutschland oben auf. Foto: dpa

Ist das nach der Europawahl überhaupt noch eine Überraschung? Die Grünen haben laut einer Umfrage zur Bundestagswahl die CDU von der Spitze verdrängt. Die SPD sinkt dagegen immer weiter ab.

Berlin - Die Grünen haben erstmals in einer Umfrage zur Bundestagswahl die Union von Platz eins verdrängt. Im Forsa-Trendbarometer von RTL und n-tv gewinnen die Grünen eine Woche nach ihrem erdrutschartigen Erfolg bei der Europawahl 9 Prozentpunkte hinzu und landen bei 27 Prozent. CDU und CSU liegen mit 26 Prozent (minus 2 im Vergleich zur Vorwoche) nur knapp dahinter.

Die SPD stürzt nach ihrer historischen Wahlniederlage vom vergangenen Sonntag um 5 Punkte auf 12 Prozent ab - ein historisches Tief. Damit liegt sie nur noch einen Punkt vor der AfD mit 11 Prozent (minus 2). Dahinter folgen die FDP mit 8 (unverändert) und die Linke mit 7 Prozent (minus 1).

Die Umfrage fand zwischen dem 27. und dem 31. Mai, also unmittelbar nach der Europawahl, statt. Danach hätten die Grünen bei einer Regierungsbildung sogar zwei Optionen: Mit der CDU/CSU kämen sie auf eine klare und mit SPD und Linke immerhin noch auf eine hauchdünne Mehrheit.

Debatte um Andrea Nahles nach Wahl

Die Grünen waren bei der Europawahl mit 20,5 Prozent erstmals zweitstärkste Kraft geworden. Union und SPD hatten dagegen mit 28,9 beziehungsweise 15,8 Prozent ihr bisher schlechtestes Ergebnis eingefahren.

Bei der SPD hat die Wahl eine Debatte über die Zukunft von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles ausgelöst, in der es am kommenden Dienstag zum Showdown kommen könnte. Dann will sich Nahles in der Bundestagsfraktion vorzeitig zur Wahl stellen. Bisher gibt es keinen Gegenkandidaten. Sollte Nahles scheitern, könnte sie auch als Parteichefin stürzen.

  Die Auswirkungen der SPD-Führungskrise auf die große Koalition sind noch nicht absehbar. Die bayerische SPD machte die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung und ein neues Klimaschutzgesetz zu Bedingungen für den Fortbestand der großen Koalition im Bund. „Nur mit derartigen Beschlüssen erscheint es überhaupt noch möglich, im September über eine Fortführung der großen Koalition zu diskutieren“, heißt es in einem von der Landesvorsitzenden Natascha Kohnen auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichten Beschluss des SPD-Landesvorstandes.

Darin wird auch ein Vorziehen des Bundesparteitags auf September verlangt. Dieser solle, wie für Dezember geplant, über die Fortführung der Groko entscheiden und den Parteivorstand neu wählen. „Bis zum Bundesparteitag muss die SPD ihre Vorschläge zur sozialen und ökologischen Erneuerung zu griffigen Eckpunkten zusammenführen, grundsätzliche Fragen, aber auch offene Teilfragen müssen geklärt werden“, heißt es weiter.

„Müssen gemeinsam Vertrauen zurückgewinnen“

SPD-Vize Malu Dreyer rief ihre Partei zu einem Ende der Personaldebatten auf. „Für mich ist es eine Frage der Fairness und der Solidarität, dass wir Andrea Nahles nicht allein für die schwierige Lage der Partei verantwortlich machen“, sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben gemeinsam gekämpft und müssen jetzt gemeinsam Vertrauen zurückgewinnen.“

Der SPD-Parlamentarier Bernd Westphal sagte der „Rheinischen Post“ (Samstag), er sehe am Dienstag keine Mehrheit für Nahles. „Das höre ich von sehr vielen SPD-Abgeordneten, aber auch von der Parteibasis, die einen Neuanfang ohne Andrea Nahles fordern.“ Auch wenn sich bis Dienstag kein Gegenkandidat mehr melde, könne Nahles abgelöst werden. „Entweder sie übernimmt jetzt selbst die Verantwortung für die Verluste bei der Europawahl und tritt vorher zurück. Oder sie muss am Dienstag eine Niederlage einstecken“, sagte Westphal. „Dann wird sich ein anderer Kandidat oder Kandidatin zur Verfügung stellen.“