Der Jubel bei Mercedes gehört schon zum gewohnten Bild: Motorsportchef Toto Wolff (re.) mit Rennfahrer Nico Rosberg und Daimler-Chef Dieter Zetsche (2. v. re.) Foto: dpa

Kleine Formel-1-Teams fordern neuen Schlüssel für die Verteilung der Prämien, während Mercedes verhandlungsbereit scheint, mauern Ferrari und Red Bull.

Stuttgart - Max Mosley zählt nicht zu den Duzfreunden von Toto Wolff. Da wundert es nicht, dass der Mercedes-Motorsportchef ziemlich wenig von den Ideen des ehemaligen Fia-Präsidenten hält. Mister Mosley, der von 1993 bis 2009 den Automobil-Weltverband (Fia) lenkte, hat gemeint, man müsse einfach „alle bestehenden Verträge zerreißen und neu anfangen“. Nur so könne das Ungleichgewicht in der Geldverteilung in der Formel 1 beendet werden. Wolff hält den Vorschlag für Nonsens, formuliert seine Abneigung aber ganz diplomatisch: „Das ist ein unrealistisches Szenario.“

Nun wurden die Abmachungen nicht vernichtet, die finanzielle Beute der Saison 2014 wurde nach bekanntem Muster verteilt. Zwar hat der Mercedes-Rennstall in der vergangenen Saison 16 von 19 Rennen gewonnen und sowohl Fahrer- als auch Konstrukteurstitel eingesteckt, doch im Wettlauf um die üppigste Überweisung lagen zwei andere Teams vor der Mannschaft aus Brackley: Traditionalist Ferrari und Emporkömmling Red Bull. Deren Prämie fiel zwar geringer aus als die für Mercedes, doch die Scuderia aus Maranello und das Dosenimperium aus Fuschl am See erhalten weit fettere Teilnahme-Boni von Bernie Ecclestones Gnaden. Diese Ungleichbehandlung mag viele aus dem Mercedes-Lager mächtig ärgern, doch im Grunde akzeptieren Wolff und sein Gefolge diesen (zum Teil willkürlichen) Verteilungsschlüssel.

Bei den kleinen Rennställen herrscht jedoch Unverständnis, bei manchen fast schon biblischer Zorn. Just diese Praxis begünstigt die Großkopferten in der Formel-1-Gesellschaft. Die Erfolgreichen scheffeln mehr und mehr Dollars, die sie in die kostspielige Fahrzeugentwicklung stecken, was in letzter Konsequenz dazu führt, dass sie ihre Vormacht untermauern oder gar ausbauen können. „Mich würde es nicht stören, die bestehenden Verträge zu zerreißen“, sagt die österreichische Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn, die jeden Cent für den Schweizer Rennstall zusammenkratzen muss. Und Manor-Teamchef John Booth, ebenfalls keiner der Großkapitalisten der Szene, würde sie bei der Vertragsvernichtung sofort unterstützen. „Ich begrüße jeden Schritt, der in diese Richtung führt“, betont der Brite markig, der mit seinem Team ebenfalls am Existenzminimum agiert.

Ferrari und Red Bull lassen keinen Zweifeld daran, dass sie Mister Booth und Frau Kaltenborn dabei mit einer Metallstange auf die Hände klopfen würden – die Teamchefs Maurizio Arrivabene und Christian Horner haben vor Monaten klipp und klar erklärt, dass sie für eine Revolution bei der Verteilung der Beute aus Ecclestones Grand-Prix-Schatulle nicht zu haben seien. Welcher Kapitalist würde freiwillig auf die ihm zugestandenen Steuervorteile verzichten? Der Teamführer von Mercedes hatte signalisiert, dass der Rennstall dem PS-Proletariat ein Stück weit entgegenkommen könnte; aber nur ein Stück weit. „Wir sind bereit, neu zu verhandeln“, sagte Wolff.

Sein Credo: Die Formel 1 funktioniert nur nach dem Gesetz der Marktwirtschaft, der Erfolgreiche muss belohnt werden. „Dieses System kann nicht sozialistisch sein“, unterstreicht der 43-Jährige. Weil nur Erfolg ordentlich Profi verspricht, ist es für den Mercedes-Mann völlig natürlich, dass immer wieder Rennställe aufgeben, weil der finanzielle Treibstoff ausgeht (Ligier, Arrows, Prost) oder weil Herstellern der Kosten-Nutzen-Grad des Engagements zu ungünstig erscheint (BMW, Jaguar, Renault). „Hinter jedem Formel-1-Team stecken private Unternehmer“, erläutert der Österreicher, „die irgendwann herausgefunden haben, dass das Modell für sie nicht nachhaltig ist.“ Love it or leave it, liebe es oder lass es.

Sicher ist: Es dürften nervenzehrende Verhandlungen werden, wenn es denn überhaupt zu solchen kommt. Der aktuelle Vertrag, das sogenannte Concorde Agreement, läuft bis 2020. Vor allem Ferrari würde lieber das Auto umlackieren als auf den zugesicherten Jahres-Teilnahmebonus von an die 90 Millionen Euro zu verzichten. Max Mosleys Idee hält er für absoluten Nonsens – und er drückt sich weit weniger diplomatisch aus als Wolff. „Wenn Max“, sagt der Italiener, „die Idee hat, die Verträge zu brechen, dann möchte ich ihn fragen, was er ohne Teams wie Ferrari und Mercedes macht. Dann kann er eine lustige Meisterschaft eröffnen und das Geld verteilen.“ Wenn es denn welches zu verteilen gibt.