Der Druck in Monza war riesig, und Nico Rosberg hat Fehler fabriziert. Im Mercedes-Duell mit Lewis Hamilton muss der Deutsche nun zeigen, dass das nur ein Ausrutscher war.
Stuttgart - Wohl dem, der so abschalten kann. Nur ein paar Stunden nach der Enttäuschung im Autodromo Nazionale di Monza ließ es sich Nico Rosberg auf den Balearen gutgehen. Via Twitter schickte er ein Foto um die Welt, wie er sich gerade ein Eis im Café seiner Frau Vivian auf Ibiza schmecken ließ. Was der Formel-1-Pilot damit ausdrücken wollte, war klar: Ich lasse mich nicht verrückt machen, ich denke positiv, ich habe meine Nerven im Griff.
Die rätselhaften Brems-Patzer beim Hochgeschwindigkeits-Klassiker in Italien haben ihn nicht nur den Sieg gekostet, sondern auch wilden Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Zwei Fahrfehler, relativ unbedrängt und dazu noch an derselben Stelle, das kennt man nicht vom Perfektionisten Rosberg. „Das war so gar nicht Nico-like“, sagte auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach dem zweiten Platz. Setzt dem gebürtigen Wiesbadener das Psycho-Duell mit Teamkollege und Monza-Triumphator Lewis Hamilton stärker zu als gedacht? Hält er dem wachsenden Druck nicht stand?
Wird aus dem Vorfall ein Trend, dann hätte Rosberg sechs WM-Läufe vor Schluss ein echtes Problem. Doch daran glaubt zumindest Formel-1-Experte Christian Danner nicht: „Nico hatte in Monza einen Riesendruck. Die Fehler waren die Quittung dafür, dass ihn Mercedes nach dem Reifenschlitzler in Spa gegen Lewis Hamilton öffentlich in die Ecke gestellt hatte“, sagt er. „Doch Nico ist ein Mensch, der mit Herausforderungen leben kann. Er hat die Latte immer selbst sehr hoch gelegt, und die Aufgabe dann auch gemeistert.“ Er werde daraus lernen und es psychologisch wegstecken.
Genauso wie er schon nach anderen Nadelstichen in seiner Karriere die Ideallinie gefunden hat. Immer wieder wurde der Spitzname „Britney“ ausgebuddelt, in Anlehnung an Britney Spears wegen seiner weichen Gesichtszüge und seiner blonden Haare. „Das Image des lieben Nico hat er längst eindrucksvoll abgelegt“, sagt Danner. Dass Rosberg die Fehler in Monza auf Anweisung von Mercedes gemacht habe, wie wilde Verschwörungstheoretiker aus England im Internet verbreiten, hält außerhalb der Insel keiner für realistisch. „Wahnsinn, diese Engländer“, kann es Danner nicht fassen. „Nur ein paranoider Geist kann sich so etwas ausdenken“, sagt Wolff. Rosberg darf sich an solchen Spielchen nicht stören. Im Gegenteil. „In schwierigen Zeiten lernt man am meisten“, betont der Wahlmonegasse. Noch hat er 22 Punkte Vorsprung auf Hamilton. Am 21. September geht es zum Großen Preis nach Singapur. Das Finale steigt am 23. November in Abu Dhabi. „Ich bin sicher, Nico wird danach Weltmeister sein“, prognostiziert Danner. Dann hätte Rosberg endgültig allen Kritikern eine lange Nase gedreht.