Daniel Ricciardo: Stolz wie Oskar nach dem Erfolg im Heimrennen Foto: Getty

Die Formel-1-Saison ist ein Rennen alt, da hat sie schon den ersten Aufreger. Red Bull nimmt die Disqualifikation von Daniel Ricciardo beim Großen Preis von Australien nicht kampflos hin, doch der Automobil-Weltverband Fia ist von der Richtigkeit der Entscheidung überzeugt. Der Teufel liegt wieder mal im Detail.

Stuttgart/Perth - Er ließ sich so gut wie nichts anmerken, dieser Daniel Ricciardo. Am Tag nach dem Saisonauftakt lächelte er tapfer in die Gesichter der Reporter, doch es war kein rundum ehrliches Lachen, wie er es noch am Sonntag auf dem Podium in Melbourne aller Welt gezeigt hatte. Die Medienvertreter wollten von dem Red-Bull-Fahrer wissen, wie er denn geschlafen habe und wie er sich nach seiner Disqualifikation fühle. Ricciardo antwortete, und dabei war er absolut ehrlich: „Ich fühle mich zwar immer noch gut mit dem, was ich erreicht habe, aber es wäre natürlich schöner, wenn ich die 18 Punkte noch hätte. Der Rest ist nicht mehr meine Sache, sondern die des Teams.“

Genau. Und sein Vorgesetzter hat auch schon kräftig gewirbelt, um seine Sicht der Dinge öffentlichkeitswirksam zu verbreiten. „Wir hätten keinen Einspruch eingelegt, wenn wir nicht extrem überzeugt wären, dass wir einen verteidigungsfähigen Fall haben“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Sein Rennfahrer hatte am Sonntag in Melbourne den ersten Podestplatz seiner Karriere gefeiert, Stunden später – Ricciardo war schon im Hotel – rissen ihn die Ermittlungen des Automobil-Weltverbandes Fia vom siebten Himmel ins Tal der Tränen. Der Vorwurf: Der Renault-Motor hatte während des Rennens einen Spitzenverbrauch von über 100 Kilogramm Benzin pro Stunde – die Konsequenz: Disqualifikation.

Die Formel-1-Saison ist gerade ein Rennen alt, da beginnt gleich ein heftiges Scharmützel über das neue Regelwerk, dessen Intention und Auslegung. Die Fia spricht von einer „beständigen Überschreitung“ der maximal erlaubten Durchflussmenge. Der Sensor (Fuel-Flow-Meter) am Auto von Ricciardo wurde vor dem Training am Samstag von Red Bull gewechselt, weil er am Freitag widersprüchliche Werte geliefert hatte. Nach dem Qualifying wurde Red Bull von der Fia angewiesen, den ursprünglichen Sensor wieder einzubauen. Zudem mahnte der Verband, „die Durchflussmenge für das Rennen herabzusetzen“. Die Mannschaft von Horner entschied – unter Berücksichtigung der Fia-Vorgaben –, die Durchflussmenge im Rennen selbst zu messen. Anscheinend war der Wert weiter zu hoch, dies teilte der technische Bevollmächtigte Red Bull während des Rennens mit, um dem Team die Chance zu geben, die erteilte Anweisung zu befolgen. „Das Team entschied, diese Korrektur nicht vorzunehmen“, schrieb der Weltverband in der Urteilsbegründung.

Horner sieht seine Roten Bullen als Opferlamm. „Im Verlauf des Wochenendes gab es in der gesamten Boxengasse Ungereimtheiten mit dem Fuel-Flow-Meter“, erläuterte der 40 Jahre alte Teamchef, „schon seit Beginn der Testfahrten traten immer wieder Mess-Diskrepanzen auf.“ Die einheitlichen Messgeräte liefern angeblich keine verlässlichen Daten, laut Red Bull „spielt der Sensor verrückt“. Die Ingenieure hatten daher die Berechnungen auf die Benzinmenge gestützt, die von den Einspritzventilen in den Motor geleitet wurde. Der Teufel steckt wieder mal im Detail und gipfelt in der Frage: Darf ein Team eigenmächtig ein möglicherweise defektes Teil tauschen? Einer hat ganz bestimmt nichts falsch gemacht: Daniel Ricciardo. Doch auch in der Formel 1 gilt offenbar: Mitgefangen, mitgehangen.