Solo für zwei: Lewis Hamilton vor Mercedes-Kollege Nico Rosberg Foto: Getty

Über zwei Sekunden schneller pro Runde waren die Silberpfeile als der Rest der Formel 1 in Bahrain. „Daran wird sich wenig ändern“, glaubt der Ex-Rennfahrer Heinz-Harald Frentzen. Aber nur, wenn die Mercedes-Gegner keine Geistesblitze mehr haben.

Stuttgart - „Ich denke, das war ein großartiges Rennen mit großartiger Unterhaltung“, freute sich ein Teamchef nach dem Großen Preis von Bahrain. Es war nicht der Prinzipal von Mercedes, Paddy Lowe, der über den dritten Saisonsieg sowie den zweiten Doppelerfolg in Serie auf einer Wolke der Begeisterung schwebte. Es war der Chef von Red Bull, Christian Horner. Der Brite war von dem Nachtrennen elektrisiert, obwohl seine Fahrer Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo lediglich auf den Positionen sechs und vier über den Zielstrich gefahren waren. Aus Horner sprudelten die Worte eines Rennsport-Liebhabers. „Es gab vorne gutes Racing und gute Kämpfe zwischen fast allen Teamkollegen in der vorderen Hälfte“, sagte der 40-Jährige, „ich habe immer gesagt, dass man ein paar Rennen abwarten muss, bevor man sieht, wie die neue Formel 1 ankommt.“

Wie Horner waren viele andere im Fahrerlager hellauf begeistert über den abwechslungsreichen Grand Prix, der auch deshalb unterhaltsam bis zur schwarz-weiß karierten Flagge blieb, weil das dominante Mercedes-Team seinen Piloten freie Fahrt erlaubt hatte. „Es war eine klasse Show“, sagte Williams-Chefingenieur Rob Smedley, „selbst an der Spitze war es spannend, obwohl Mercedes erneut in einer anderen Liga unterwegs war. Das war ein grandioses Rennen von Lewis Hamilton und Nico Rosberg.“

Am Daimler-Sitz Stuttgart, in der Formel-1-Fabrik Brackley und im Motorenwerk Brixworth werden sie sich freuen, dass die gesamte Rennsport-Gemeinde derart begeistert ist, wenn zwei Silberpfeile unbeirrt und ungefährdet ihre Kreise drehen. Vielleicht findet sich die Konkurrenz schon mit dem Unvermeidlichen ab. Es dürfte in den nächsten Rennen kaum eine deutliche Verschiebung im Kräfteverhältnis geben – Mercedes wird wohl auf absehbare Zeit Branchenführer bleiben. Davon ist Heinz-Harald Frentzen überzeugt. „Die sind einen Schritt weiter als die anderen, weil das Team früher mit der Entwicklung begonnen hat und sich intensiver mit den anstehenden Neuerungen beschäftigt hat“, sagt der Formel-1-Vizeweltmeister von 1997, „Ferrari und Red Bull, respektive Renault, haben den Umfang der Regeländerungen unterschätzt.“

Aus Sicht des fast 47 Jahre alten Mönchengladbachers hatte diese Entwicklung ihren Ursprung in der Herangehensweise der gesamten Mannschaft an die bevorstehenden Veränderungen. „Mercedes hat das neue Reglement als Herausforderung gesehen und als Chance begriffen, sich zu verbessern“, sagt Frentzen in Stuttgart am Schloss Solitude, „deshalb haben sich alle Beschäftigten mit einem positiven Gefühl in die Arbeit gestürzt.“ Das Ergebnis lässt den Slogan des Konzerns für die Marke Mercedes wie gemacht für die Formel 1 erscheinen: Das Beste oder nichts. Aktuell dürften die Marketing-Experten von Daimler intensiv damit beschäftigt sein, die Erfolge auf der Rennstrecke in ein medienwirksames Konzept zu verpacken.

Denn es gibt kaum Motorsport-Experten, die an eine schnelle Wachablösung glauben. Mercedes – der FC Bayern in der Formel 1. Fast unbesiegbar. Auch Frentzen rechnet damit, dass die Trumpffarbe Silber bleibt. Zwar würden Red Bull, Ferrari und wie die Jäger alle hießen, die Lücke zu den Autos von Rosberg und Hamilton vielleicht etwas verkleinern, durch zähe Arbeit am Simulator und mit Freitags-Testfahrten sei dies sicher nicht ausgeschlossen – doch auf Augenhöhe „kommen die Konkurrenten eigentlich in naher Zukunft nur, wenn ihnen ein außergewöhnlicher Kunstgriff gelingt oder ein sensationeller Kniff einfällt“. Ist zwar nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich.

Nicht nur die Technik bestimmt Mercedes derzeit zum haushohen Favoriten auf den Titel, auch die Fahrerpaarung besitzt beste WM-Reife – selbst wenn Paddy Lowe keinen Nummer-eins-Status vergibt; selbst wenn Nico Rosberg und Lewis Hamilton auch in Zukunft nur Kampflinie fahren. „Beide sind verantwortungsbewusste Fahrer mit viel Erfahrung“, schätzt Frentzen die Situation ein, „Rosberg und Hamilton kennen sich seit den Nachwuchs-Klassen und schätzen sich – ich denke nicht, dass da Konfliktpotenzial drinsteckt.“ Auch er findet Gefallen an der neuen Formel 1. Bahrain? „War klasse!“

Mindestens einer aus dem inneren Rennsportzirkel konnte sich am Wüstenrennen nicht erfreuen – Luca di Montezemolo verließ den Kurs mit unbewegter Miene vorzeitig. „Was soll ich hier noch sehen“, knurrte der Ferrari-Präsident missmutig, „unsere Autos in dieser Form zu sehen tut weh. Ich hatte nicht allzu viel erwartet, etwas mehr aber doch.“ Allen kann man es eben nicht recht machen. Auch nicht Mercedes.