Cool und schnell – der Engländer Lando Norris. Foto: AFP/Oli Scarff

Der McLaren-Pilot Lando Norris ist beim Saisonauftakt in Spielberg Dritter geworden. Da nährt die Hoffnung, dass es mit der Traditionsmarke McLaren weiter aufwärts geht und ein guter Engländer nachrückt, falls Lewis Hamilton mal aufhört.

Stuttgart - Der Humor von Lando Norris ist längst eine feste Größe, obwohl der 20 Jahre alte Jungspund erst seit 2019 dabei ist. Beim Flachsen bei einer Formel-1-Pressekonferenz erlaubte sich das Greenhorn einst, sich mit dem Serienweltmeister Lewis Hamilton auf eine Stufe zu stellen – dabei haben die Briten einmal ausgerechnet, dass der Formel-1-Frontmann 100 mal mehr verdient als der Frischling. Dessen ungeachtet erinnerte Norris den Supermann Hamilton daran, dass sie beide im Hinblick auf ihren Bartwuchs keine Chance hätten, sich mal einen gepflegten Nigel-Mansell-Gedächtnis-Schnauzer zuzulegen. Wo nichts ist, kann nichts werden.

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Das war mal mutig. Doch bevor Hamilton darauf reagieren konnte, meldete sich der durch seine Spontanität bekannte Renault-Pilot Daniel Ricciardo zu Wort und fragte den frechen Nachwuchsmann: „Hast du schon Schamhaare?“ Norris fiel in diesem Augenblick vor Lachen fast vom Stuhl. Auch Hamilton musste kichern.

Wenn der McLaren-Pilot Lando Norris auftritt, dann geht es oft lustig zu, er inspiriert auch Fahrerkollegen wie Ricciardo zu munteren Kalauern. Auch die Begründung für seine Internetauftritte unter dem Namen „L4ndo“ kann sich durchaus sehen lassen, denn einer wollte mal wissen, was es mit dieser seltsamen 4 im Namen denn auf sich habe. „Die Geschichte dazu ist, dass es keine Geschichte gibt“, meinte Norris trocken und grinste wie ein Lausbub. An diesem lustigen Burschen werden die Briten noch viel Freude haben – aber vor allem hoffen sie darauf aus sportlicher Sicht.

Symbolhaftes Wechselspiel

Lando Norris nährt die Hoffnung, dass im Mutterland der Formel 1 etwas nachkommt. Lewis Hamilton ist stramme 35 Jahre alt, er wird nicht ewig fahren, das wissen sie auf der Insel. Die Launen des Superstars und sein großes Interesse an allen möglichen Themen (Musik, Mode, Schauspielerei …) machen ihn zu einem Wackelkandidaten: Vielleicht macht er noch drei Jahre weiter. Vielleicht zischt er auch ab.

Beim Saisonauftakt jetzt in Spielberg zeigten Hamilton und sein designierter Nachfolger ein zwar unfreiwilliges, doch aber symbolhaftes Wechselspiel. Hamilton fiel durch eine Zeitstrafe auf Platz vier zurück – dafür durfte Norris als Dritter erstmals in seiner Karriere aufs Formel-1-Podest. Der junge McLaren-Mann konnte sein Glück kaum fassen. „Die letzten Runden waren ziemlich cool. Dabei habe ich ein paar Mal im Rennen gedacht, dass ich es versemmelt hätte.“ Und noch etwas war Norris wichtig: „Ich weiß, dass meine Mutter jetzt sehr glücklich sein wird.“

So jung war noch nie ein Engländer aufs Formel-1-Podest gerast. Zudem fuhr er erstmals in seiner Laufbahn die schnellste Rennrunde. Für McLaren-Teamchef Andreas Seidl ist das Podium des 20-Jährigen kein Zufall. „Er hat sich gemeinsam mit den Ingenieuren gut auf die Saison vorbereitet und auch als Persönlichkeit einen guten Schritt gemacht“, sagt der Bayer, der das Team besonnen und mit ruhiger Hand führt. Das starke Ergebnis will Seidl aber bei aller Freude nicht überbewerten. Um die großen Teams auch weiterhin ärgern zu können, müsse sich die Traditionsmarke McLaren noch Schritt für Schritt verbessern. Am Ziel sei man noch nicht.

McLaren wird lockerer

Dass sich ein junger Rennfahrer bei McLaren so entfalten kann, es liegt am neuen Ton in Woking. Seit der humorlose Teamchef Ron Dennis nicht mehr das Sagen hat, wirkt die Truppe frischer, lockerer, nicht mehr so unterkühlt. Das triste Grau an den Autos wurde gegen ein lebensbejahendes Orange ausgetauscht – ein Indiz für den Image-Wandel. Norris und sein spanischer Teamkollege Carlos Sainz stehen für die Zukunft, machen alberne Dinge miteinander. Der 25 Jahre alte Spanier Sainz, der Routinier im jungen Gespann, glaubt, dass da noch mehr geht. So sei es wichtig gewesen, es mit den zuvor als stärker eingestuften Teams Ferrari und Racing Point aufnehmen zu können. „Vermutlich war das nicht die einzige Möglichkeit für einen Podestplatz in diesem Jahr“, sagt Sainz. Am Sonntag findet abermals in Spielberg das zweite Saisonrennen statt.

Geht es nach den Insulanern, darf es gerne wieder Lando Norris sein, der oben steht. Zehn Briten haben insgesamt 19 Formel-1-Titel gewonnen, das ist nach wie vor der unangefochtene erste Platz – auf Rang zwei folgen die Deutschen Michael Schumacher, Sebastian Vettel und Nico Rosberg mit ihren zwölf gewonnenen Weltmeisterschaften. Da sind zwar mehr Dauersieger dabei, doch die Statistik zeigt noch immer, dass die Formel 1 in erster Linie britisch geprägt ist - zumal auch sechs der zehn Teams auf der Insel ihre Autos bauen. Insofern werden die Engländer sehr genau verfolgen, wie sich das zarte Pflänzchen Lando Norris als Fahrer weiterentwickelt. Im Hinblick auf seinen Humor ist der Junge schon ein Baum.