Der eine jubelt, der andere schmollt: Die Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Nico Rosberg Foto: Getty

Der Krieg der Sterne ist zurück: Beim Großen Preis von China dominieren wieder die Silberpfeile. Doch die Freude über den Sieg von Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton währt bei Mercedes nur kurz. Denn der Engländer und sein zweitplatzierter Teamkollege Nico Rosberg kriegen sich in die Haare.

Schanghai - Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff wäre bereit für einen Job im diplomatischen Dienst. Genügend Erfahrung hat der 43 Jahre alte Österreicher ja mittlerweile gesammelt. Nach dem dritten Rennen dieser Formel-1-Saison war jedenfalls wieder Wolffs Fachgebiet, die Streitschlichtung, gefragt.

Denn trotz des souveränen Sieges von Weltmeister Lewis Hamilton beim Großen Preis von China und des zweiten Platzes von Nico Rosberg musste der Mercedes-Motorsportchef wie so oft im vergangenen Jahr wie ein Vater zwischen zwei streitenden Söhnen vermitteln – und nach außen gut Wetter machen. „Da war keine Feindseligkeit“, versicherte Wolff nach dem Scharmützel seiner zwei Silberpfeil-Piloten bei der Pressekonferenz nach dem Rennen. Doch die verbale Auseinandersetzung lässt anderes vermuten.

Nur ein müdes Lächeln für Rosberg übrig

Nach der neuen Niederlage im Stallduell gegen Hamilton platzte Rosberg nämlich der Kragen. „Es ist interessant, von dir zu hören, Lewis, dass du nur an dich selbst gedacht hast. Das hat mein Rennen negativ beeinflusst“, fluchte der 29 Jahre alte Blondschopf und schaute demonstrativ zu seinem Teamkollegen hinüber. Der aber hatte nur ein müdes Lächeln für Rosberg übrig. Was den Wiesbadener noch mehr echauffierte: „Ich musste langsamer fahren als nötig. Da habe ich von der Strategie her einiges verloren.“

Für Rosbergs Verständnis fuhr Hamilton an der Spitze zu langsam, weil er ihn wegen des dann höheren Reifenverschleißes nicht überholen konnte und durch das reduzierte Tempo von hinten selbst Druck von Ferrari-Pilot Sebastian Vettel bekam. „Mich ärgert das, so habe ich wichtige Rennzeit verloren“, knurrte Rosberg: „In den letzten Runden ging dann nichts mehr, weil die Reifen abgefahren waren.“ Der Konter von Hamilton blieb nicht aus: „Mein Job ist es nicht, nach Nicos Rennen zu schauen. Nico hätte versuchen können vorbeizufahren. Das hat er nicht gemacht.“

"Sind glücklich über den Abstand zu Ferrari"

Nichts war’s also mit eitel Sonnenschein bei den Silberpfeilen im fernen Schanghai. Dabei hatte Mercedes nach dem Sieg von Sebastian Vettel vor zwei Wochen in Malaysia eindrucksvoll zurückgeschlagen. Ferrari um Vettel und den viertplatzierten Kimi Räikkönen hatte der Übermacht der Silberpfeile nichts entgegenzusetzen. „Wir sind glücklich über den Abstand zu Ferrari und darüber, dass wir sie wieder schlagen konnten“, sagte Rosberg, der aber bereits während des Rennens über den Boxenfunk in Richtung Hamilton gemault hatte: „Wenn Lewis weiter so langsam fährt, stecke ich in seinem Windschatten fest und ruiniere meine Reifen.“

Anschließend wurde Hamilton per Funkspruch aufgefordert, das Tempo zu erhöhen. „Lewis, gib ein bisschen mehr Gas“, lautete die Anweisung.

Der Streit zeigt aber, dass der Krieg der Sterne bei Mercedes wieder eröffnet ist. Auch wenn Toto Wolff beschwichtigte: „Dass Nico so emotional gehandelt hat, ist verständlich. Dass Lewis es so gespielt hat, ist auch verständlich. Beide haben Emotionen gezeigt, das kann man ihnen nicht nehmen, und das wollen wir auch nicht“, sagte der Mercedes-Motorsportchef, um danach noch diplomatischer zu werden: „Lewis hat keinen Fehler gemacht, Nico auch nicht. Ich kann mich in beide hineinversetzen.“

Es steckt weiter viel Sand im Getriebe

Doch es ist offensichtlich, zwischenmenschlich steckt zwischen Hamilton, der seinen Vertrag bei Mercedes immer noch nicht verlängert hat, und Rosberg weiter viel Sand im Getriebe. Selbst Sebastian Vettel, der als Drittplatzierter („Dieses Podium ist wieder ein großer Erfolg für uns, Mercedes war letztlich zu schnell“) neben den Streithähnen saß, war vom Gefühlsausbruch des sonst besonnenen Rosberg überrascht. Doch genau der zeigt, wie es den Vizeweltmeister fuchst, dass er in dieser Saison gegen das Schlitzohr Hamilton sportlich keinen Stich macht. In drei Rennen holte der Engländer dreimal die Pole und hängte Rosberg jedes Mal im Rennen ab.

Und der nächste Showdown steht schon an. Bereits am kommenden Sonntag (17 Uhr/RTL und Sky) will Lewis Hamilton, „der auf dem Höhepunkt seiner Fahrerqualität fährt“ (Mercedes-Teamaufsichtschef Niki Lauda), in Bahrain wieder seinen Stallrivalen ärgern. Toto Wolff hofft, dass dieses Duell einzig und allein auf der Strecke ausgetragen wird. Denn auf die Einsätze als Streitschlichter hat er eigentlich keine Lust.