Die Formel 1 lässt sich mal wieder in Hockenheim blicken – im vergangenen Jahr war Pause. Foto: dpa

2018 findet der Große Preis von Deutschland noch einmal auf dem Hockenheimring statt, was danach kommt, steht in den Sternen. Kein Formel-1-Rennen in Deutschland wäre ein herber Verlust.

Hockenheim - „Für uns ist der Ring das, was der Eiffelturm für Paris ist.“ Der Satz stammt von einem Hockenheimer, und man könnte ihn bedenkenlos in ein Denkmal am Rathaus in Stein meißeln. Der Ring ist das Herz der 21 000-Seelen-Kommune, in einer Umfrage haben 90 Prozent der Bürger die Überzeugung geäußert, dass das 4,574 Kilometer lange Asphaltband im Hardtwald die Stadt weltweit bekannt gemacht hat, gerade wegen der Formel-1-Gastspiele. Oberbürgermeister Dieter Gummer gehört zu dieser Gruppe. „Ohne die Formel 1 würde Hockenheim ein Identitäts- und Identifikationsfaktor fehlen“, sagt der Verwaltungschef.

Die Champions League des Motorsports ist für die Kommune Lust, aber auch Last. Denn die Intensität nimmt zu, mit der Rennstreckenbetreiber rund um den Globus kämpfen, damit der Rennzirkus von Bernie Ecclestone bei ihnen haltmacht – aber die Waffen der Hockenheimer werden immer stumpfer. In Asien spielt die Höhe für die Prämien des Promoters kaum eine Rolle, zum Teil sollen mehr als 20 Millionen Euro fließen, aber die Große Kreisstadt, die mit 94 Prozent an der Hockenheimring GmbH beteiligt ist, hat sich aufs Banner geschrieben: Kein Defizit mit der Formel 1. „Da der Vertrag 2009 neu verhandelt worden ist, haben wir überhaupt eine Chance“, betont Gummer, „sonst wären wir bei den Verhandlungen längst aus dem Rennen.“ Zwölf bis 15 Millionen Euro soll Ecclestone für den Deutschland-Grand-Prix fordern. „Kein Kommentar“, sagt der SPD-nahe Kommunalpolitiker. Hockenheim zahlt einen hohen Preis für den Großen Preis.

Die Maxime lautet: Kein Defizit

Mit dem Grand Prix 2010 hat die GmbH 500 000 Euro Gewinn gemacht, 2012 waren es immerhin noch 300 000 Euro, doch 2014 stand den beiden schwarzen Zahlen eine deutlich dickere rote Zahl gegenüber: zwei Millionen Euro Verlust. „Diesen Einbruch konnten wir uns nicht erklären“, gibt der 64 Jahre alte Oberbürgermeister zu. Deshalb kommt dem Großen Preis von Deutschland an diesem Sonntag (14 Uhr/RTL) besondere Bedeutung zu. Gummer und Ring-Geschäftsführer Georg Seiler werden die Verkaufszahlen genau beobachten und stellen dabei die entscheidende Frage: Wird die Gewinnzone ab 59 000 verkaufter Karten erreicht? „Das Ergebnis diesen Jahren“, sagt der Verwaltungschef, „wird Diskussionsgrundlage sein, ob der Grand Prix 2018 stattfinden kann und ob wir in Verhandlungen über 2018 hinaus gehen werden.“ Kein Defizit, diese Maxime steht. Sollte die Formel 1 erneut einen Verlust bescheren, würde der wenigstens nicht den städtischen Haushalt belasten. Die Betriebs-GmbH würde das Defizit tragen, so ist es festgelegt. Das dürfte ihr gelingen, schließlich wird die Bilanz für 2015, als die Formel 1 nicht nach Baden kam, einen Gewinn ausweisen, dessen Höhe Gummer noch nicht endgültig beziffern kann. Bis Donnerstag sind im Vorverkauf 52 000 Tickets abgesetzt worden. Der OB schwebt zwischen Hoffen und Bangen.

Das Rennen am Nürburgring ist fraglich

Ob die Formel 1 nächstes Jahr an den Nürburgring kommt, ist höchst zweifelhaft, und ob Hockenheim weiterhin auf Ecclestones Weltkarte auftaucht, noch nicht entschieden. Es ist verrückt. Da heißt die Veranstaltung Großer Preis von Deutschland – aber sie hängt letztlich am Tropf einer Kommune mit 21 000 Einwohnern. „Unsere kleine Stadt dreht an einem international sehr, sehr großen Rad“, sagt Gummer. Bis zu 400 Millionen Menschen sehen den Grand Prix am Sonntag, und auch wirtschaftlich reicht das Rennen weit über die Stadtgrenzen hinaus. 41 Millionen Euro ließen die Motorsport-Fans vor zwei Jahren in der Region liegen, es wurden 18 Millionen Euro zusätzliches Einkommen für die Menschen beschert. Und sechs Millionen Euro gehen mit der Umsatzsteuer an den Fiskus.

Dass über diesen Umweg auch der Staat von der Formel 1 profitiert, das ärgert den Stadtchef. „Da ist Baden-Württemberg das Land der Autobauer“, knurrt er, „aber wir kämpfen seit vielen Jahren um Unterstützung. Vergeblich, es zeigt sich keiner.“ So wie es sich darstellt, dürfte das badische Städtchen wie das kleine gallische Dorf weiter alleine kämpfen. Denn im Grunde wollen ja alle, dass die Formel 1 in Hockenheim bleibt, noch möglichst lange. Mindestens so lange, wie der Eiffelturm in Paris steht.