Rivalen der Rennbahn: Lewis Hamilton (li.) und Nico Rosberg Foto: APA

Das Duell, das die Formel 1 elektrisiert, heißt: Nico Rosberg gegen Lewis Hamilton. Die beiden Mercedes-Piloten verbindet in ihrer Vita und Arbeitsweise relativ wenig. Eine Gegenüberstellung.

Spielberg -  Das Duell, das die Formel 1 elektrisiert, heißt: Nico Rosberg gegen Lewis Hamilton. Die beiden Mercedes-Piloten verbindet in ihrer Vita und Arbeitsweise relativ wenig. Eine Gegenüberstellung.

Nico Rosberg

Der Rennfahrer Wahrscheinlich existiert das Wort „Zufall“ nicht im Wortschatz von Nico Rosberg. Der Deutsche ist ein kühler Analytiker, einer, der sich intensiv mit seiner Arbeit beschäftigt und so lange über Problemen und Verbesserungen brütet, bis eine akzeptable Lösung gefunden ist. Ein Analytiker und Perfektionist in Reinheit – Rosberg diskutiert mit den Ingenieuren und studiert Telemetriedaten, macht sich Gedanken über Rennstrategie. „Das war keine perfekte Abstimmung“, hatte er in Monaco nach einem Trainingslauf geknurrt, nachdem er nur 0,032 Sekunden langsamer war als sein Teamkollege.

Für den ehemaligen Formel-1-Piloten John Watson ist Nico Rosberg der „komplettere Fahrer“ im Vergleich zu Lewis Hamilton. Soll heißen: Der Deutsche macht aus dem, was ihm an Rennfahrer-Talent in die Wiege gelegt wurde, am meisten. „Nico mag vielleicht nicht der absolut schnellste Fahrer im Feld sein“, erläutert Watson, „aber er versteht es brillant, seine Stärken effizient und produktiv einzusetzen.“ Den Rennfahrer Nico Rosberg macht mehr aus als lediglich die Summe seiner Einzelteile – er veredelt sein Talent durch harte Arbeit.

Im Grunde ist der 28-Jährige ein ausgemachter Teamplayer, in Malaysia 2013 hielt er sich an eine (nicht jedem verständliche) Teamorder. Doch auch hier hat Rosberg an sich gearbeitet, weil er gespürt hat, dass ihm sonst Grenzen gesetzt sind. War er bislang ein pflegeleichter und stets kompatibler Arbeitnehmer, so hat er sein Ego aufpoliert – als er in Monaco im Qualifying (versehentlich?) einen Fehler machte und so Hamiltons schnelle Runde zerstörte. Weil der Verdacht auf Absicht hängen blieb, hat sich der nette Junge eine Tönung als böser Bube verordnet. In der Szene wurde das positiv bewertet. Der Privatmann Das Einzelkind Nico wuchs im Schlaraffenland auf. Behütet in Monaco von den gut betuchten Eltern Keke und Sina, ging er auf ausgesuchte Schulen, er spricht neben seiner Muttersprache Deutsch noch Englisch, Französisch und Italienisch fließend – doch Finnisch, die Muttersprache seines Vaters, beherrscht er nicht. Das Geld und das Netzwerk von Vater Keke, dem Formel-1-Champion von 1982, erleichterten ihm den Einstieg in den Motorsport und bescherten ihm ein hohes Maß medialer Aufmerksamkeit. 2002 fuhr er im Team seines Vaters in der Formel BMW und wurde Meister – dabei wurde er vom Musiksender Viva dokumentarisch begleitet und gesponsert.

Diese familiäre Erdung spiegelt sich auch in seiner Partnerschaft wider. Seit 2003 lebt Rosberg mit Vivian Sibold zusammen, die Yellow Press fand seitdem nichts im Privatleben, was für eine reißerische Aufmachung getaugt hätte. Eine Bilderbuch-Beziehung, demnächst will das Paar heiraten. Kürzlich stellte Nico Rosberg ein Foto ins Internet, das ihn beim Spielen mit seinem jungen Kätzchen Rockster zeigt – fast ein wenig kitschig, aber doch irgendwie authentisch. Nico Rosberg privat ist ein anderer als der Rennfahrer. Hier regiert nicht der Kopf, sondern das Herz.

Lewis Hamilton

Der Rennfahrer Lewis Hamilton hat viel Talent geschenkt bekommen, im Gegensatz zum Teamkollegen ist der Engländer mehr Instinkt-Fahrer denn Analytiker. „Er hat den natürlichen Speed, er hat alles, um schnell zu sein“, sagt Ex-Formel-1-Fahrer John Watson. So kann Hamilton mit seiner Gabe technische Nachteile mitunter wettmachen, doch die unterschiedlichen Arbeitsweisen der beiden Mercedes-Fahrer bergen eine gefährliche Brisanz. Es gibt immer wieder Stimmen im Fahrerlager, die behaupten, Hamiltons Ingenieure blickten gelegentlich gerne auf die Daten von Rosbergs Fahrzeugabstimmung.

Mag Hamilton eine Prise mehr Talent als der Deutsche besitzen, in Sachen Egoismus überflügelt er ihn deutlich – womöglich hat er diese Egomanen-Lektion 2007 in seiner Debütsaison gelernt. Damals musste er sich bei McLaren gegen Alphawolf und Doppelweltmeister Fernando Alonso behaupten, beide bekriegten sich so intensiv, dass sie dabei WM-Titel verschenkten. Für Tourenwagen-Fahrer Alex Zanardi ist das der entscheidende Vorteil im Titelkampf 2014. „Nico ist ein sehr starker Fahrer, aber Lewis ein Champion. Diesen Unterschied halte ich für entscheidend.“

Der Privatmann Hamilton hatte es nicht leicht. Die Eltern trennten sich, da war er zwei. Er blieb bei Mutter Carmen, Vater Anthony besorgte sich zu der Arbeit als Eisenbahner Nebenjobs, um dem Sohn Karts und Reisen zu den Rennen zu bezahlen. Als Lewis zwölf war, zogen die Eltern in verschiedene Städte. Carmen übertrug Anthony das Sorgerecht, nur so konnte Lewis den Motorsport-Traum fortführen. 1998 wurde Hamilton ins McLaren-Förderprogramm aufgenommen. „Lewis wusste, dass er nur die eine Chance hatte. Die durfte er nicht versauen“, sagte sein einstiger Kart-Teamchef Don Chiesa. Es klappte: Mit 22 Jahren unterschrieb er einen Formel-1-Vertrag. Erst kürzlich ärgerte er Rosberg mit seiner Herkunft. Er habe sich aus bescheidenen Verhältnissen hochgekämpft zur Champagner-Dusche, während Rosberg schon als Baby darin gebadet habe. „Nico ist in Monaco mit Jets, Hotels und Booten aufgewachsen – der Hunger auf Erfolg ist bei mir ein anderer“, stichelte der Brite, der äußerlich mit Klunkern am Ohr und Tattoos auf Auffallen programmiert ist.

In seinen Beziehungen ist Lewis Hamilton nicht so ausgeglichen und konstant wie sein Kontrahent. Vater Anthony entzog er das Management nach einem medienwirksam zelebrierten Zerwürfnis, inzwischen haben Vater und Sohn die Friedenspfeife geraucht. Und mit Sängerin Nicole Scherzinger pflegt der 29-Jährige eine – ebenfalls medienoffene – Beziehung nach dem Schema: Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, sie liebt mich . . . Ganz wie auf der Piste – Hamilton passt seine Partnerschaften seinem aktuellen Lebensgefühl an. Ein Instinktmensch eben. Seine uneingeschränkte Liebe gilt Roscoe und Coco, seinen Hunden. Auch das passt ins Bild der unterschiedlichen Silberpfeil-Piloten: Lewis Hamilton und Nico Rosberg sind wie Hund und Katz.