Nur in der Box zu stoppen: Max Verstappen Foto: dpa/Chandan Khanna

Der Red-Bull-Pilot Max Verstappen demonstriert in Miami seine Stärke – und düpiert seine Rivalen.

Hübsch hatten die Veranstalter des Großen Preises von Miami den Raum hinter dem Siegerpodest ausstaffiert, das Motto des Hard Rock Stadiums aufgenommen, das die Formel 1 zuvor 57 Mal umrundet hatte. Wie im Umkleideraum des Football-Clubs Miami Dolphins hingen dort sogar Trikots mit den Rückennummern eins, zwei und drei. Zum fünften Mal in diesem Jahr ging der Sieg an Red Bull, zum dritten Mal war es ein Doppelerfolg. Diesmal wieder in der Reihenfolge, die dem Rennunternehmen am liebsten erscheint: Max Verstappen schafft es vom neunten Startplatz aus, dem von der Poleposition gestarteten Teamkollegen Sergio Perez den Triumph am Ende noch ganz locker wegzuschnappen und seine WM-Führung nicht nur zu behalten, sondern obendrein auf 14 Zähler auszubauen. Beim Football würde man sagen: Die Offensive hat klar die Defensive besiegt.

Sergio Perez haderte mit den Reifen, obwohl er auf den vermeintlich besseren, den weicheren, gestartet war. Verstappen hatte auf das Risiko harter Pneus gesetzt, und seine Intuition sollte ihn nicht enttäuschen. Perez, der schon vom zweiten Sieg auf einem Straßenkurs innerhalb von einer Woche geträumt hatte, versuchte, die Klatsche tapfer hinzunehmen: „Ich habe es probiert, alles gegeben. Doch am Ende war Max stärker als ich – ich muss herausfinden, warum.“

Demonstration der Macht

Es war eine eindeutige Machtdemonstration, mit der sich der Titelverteidiger im internen Duell mit 3:2 in Führung gebracht hat. Schon die Aura, die Verstappen in den Katakomben des Stadions ausstrahlte, war eine ganz andere als die des gedemütigten Perez. Nonchalant redete der Niederländer die Buhrufe gegen ihn bei der Fahrerparade klein: „Ich habe absolut kein Problem damit, solange ich dann doch auf dem Podium stehe.“ Eine Spitze gegen die gegnerischen Fans konnte er sich aber nicht verkneifen: „Ich nehme den Pokal mit nach Hause, und die Leute können sich einen schönen Abend machen . . .“ Rasender Sarkasmus.

Erst Frust, dann Lust

So gut er seinen Frust nach einer taktisch verpatzten Qualifikation und einem Fahrfehler in Motivation verwandelte, so nah balancierten seine Aussagen hinterher am schmalen Grat zur Überheblichkeit. Auf die Frage, ob er nun etwa unschlagbar sei, antwortete der 25-Jährige ohne mit der Wimper zu zucken: „Ich fühle mich immer unschlagbar.“

Immerhin gibt der Titelverteidiger der Formel 1 zu, dass manchmal auch andere einen guten Tag haben und dann doch an ihn herankommen könnten. Sergio Perez, der Teamkollege bei Red Bull Racing und der Einzige, der derzeit kraft seines Autos dem Spitzenreiter häufiger nahe ist, hatte nur leider einen schlechten Tag. Er verlor überraschend schnell wieder seinen Platz an der Sonne Südfloridas. Der Mexikaner wollte im Reifenschongang den dritten Saisonsieg einfahren, doch dafür waren es der falsche Moment, die falsche Taktik und der falsche Gegner. Denn Verstappen startete mit einem selbst für seine Verhältnisse extrem erhöhten Risikobewusstsein. Als einziger der Top-Ten-Fahrer setzte er auf die härteren Pneus – was ihm am Ende eine sehr weiche Landung auf dem Podium bescherte. Sein 38. Sieg im Namen der Dose, damit hat er den Rennstallrekord von Sebastian Vettel egalisiert.

Für den Niederländer war es der zweite Erfolg beim zweiten Gastspiel in der Partyhauptstadt. Die gegensätzliche Wahl der Reifen und damit die Möglichkeit, auch von so weit hinten doch noch zu triumphieren, mag eine glückliche Fügung im Zusammenspiel mit einem nächtlichen Gewitter gewesen sein, dass die erwartbaren Leistungen der Gummis völlig verändert hatte. Aber Glück allein war es eben auch nicht. Der exzellente Umgang mit den Pneus über 45 der 57 Runden, das beschert einem nicht der Reifenhersteller, dahinter steckt reines Fahrgefühl – und es entspricht der ebenso kühlen wie kühnen Herangehensweise, die Max Verstappen auf dem Weg zum Titelhattrick entwickelt hat. Da wächst eine Rennfahrerpersönlichkeit immer weiter an der Aufgabe.

Was dem düpierten Perez passiert ist, erinnert ein wenig an den ehemaligen Ferrari-Piloten Rubens Barrichello, der trotz gleicher Ausgangsbedingungen nie auf Dauer an die Darbietungen des sehr intuitiv handelnden Vollblutrennfahrers Michael Schumacher heranreichen konnte. In einem Wort: eine Klatsche. Der fünfte WM-Lauf war die große Chance von Perez, eine mentale Wende bei Red Bull zu schaffen, mit einem zweiten Sieg auf einem Straßenkurs innerhalb von einer Woche. Aber: „Was Max gezeigt hat, war einfach unerreichbar“, sagte Perez.