Sergio Perez (links) und Max Verstappen sind immer öfter nicht einer Meinung. Foto: dpa/Eugene Hoshiko

Die Autos von Red Bull Racing scheinen wohl auch in dieser Saison wieder dominant zu sein, doch ist nicht alles Gold, was glänzt: Die Beziehung zwischen den Piloten Max Verstappen und Sergio Perez ist enorm angespannt und könnte in dem Formel-1-Team noch viel Ärger machen.

Dass sich Titelverteidiger Red Bull Racing selbst schlägt, ist fast schon so etwas wie die letzte Hoffnung, dass diese Formel-1-Saison spannend bleibt, obwohl mit dem Großen Preis von Australien am Sonntag (7 Uhr) erst der dritte WM-Lauf ansteht. Bisher haben Max Verstappen und Sergio Perez die Siege unter sich ausgemacht und nicht einmal die volle Leistung abrufen müssen. Nicht nur im Getriebe des Autos sind die Vibrationen heftiger geworden. Von nun an geht es mit voller Fahrt in den Konflikt zwischen den Piloten.

Er habe noch nie einen ähnlich überlegenen Rennwagen wie den von Max Verstappen und Sergio Perez gesehen, sagt Lewis Hamilton, und der Brite im Mercedes muss es wissen – saß er doch bis vor zwei Jahren selbst im dominierenden Auto. Nicht allein die beiden Doppelerfolge für das österreichisch-britische Red-Bull-Team in Bahrain und Saudi-Arabien untermauern diese These. Vielmehr mussten die Titelverteidiger bisher nicht einmal alle Karten aufdecken, um nach Belieben eine Sekunde pro Runde schneller zu sein als die anderen.

Die gesetzten Herausforderer Ferrari und Mercedes müssen ihre Fahrzeuge jetzt radikal umbauen, doch das dauert. Die beste Chance, dass die Spitzenreiter nicht gleich enteilen, liegt jedoch beim führenden Rennstall selbst. Die Technik des Red-Bull-Rennwagens ist aufgrund der extremen Fahrzeugbauweise zu Saisonbeginn traditionell hoch, die beiden Erfolge in den arabischen Golfstaaten hingen ob Getriebeproblemen am seidenen Faden (und kosteten den Weltmeister die Pole-Position in Dschidda).

Menschliche Dissonanzen

Noch gefährlicher für die Balance des Gesamtgebildes sind jedoch die menschlichen Dissonanzen. Zwischen Champion Max Verstappen und seinem Teamkollegen Sergio Perez herrscht ein größeres Misstrauen denn je. Schon auf seinem Siegeszug gegen Ende der vergangenen Saison, als er längst als Champion feststand, verweigerte der Niederländer seinem treuen Gehilfen das Geleit, weshalb Perez die ersehnte Ehre als Vizeweltmeister versagt blieb. Nicht allein der bekannte Egoismus und Überehrgeiz Verstappens waren die Begründung, vielmehr habe das an Vorfällen in der Vergangenheit gelegen. Öffentlich verweigerte der 25-Jährige jeglichen Grund für sein Verhalten, Red Bull schloss sich an. Was den Schluss nahelegt, dass der zweifache Weltmeister die Nummer eins nicht bloß auf dem Auto trägt. Er beansprucht schlichtweg das Recht des Schnelleren und Konsequenteren – und hat auch seinen Arbeitgeber im Griff.

Festzumachen ist das auch an den letzten Runden des Großen Preises von Saudi-Arabien. Die beiden führenden Piloten waren angewiesen, das Tempo rauszunehmen und kein Risiko mehr einzugehen, gerade Verstappen hatte schon wieder verdächtige Geräusche am Auto gemeldet. Die Strategen setzen auf eine gesittete Kolonnenfahrt ins Ziel. Doch der nach seinem Getriebewechsel von Rang 15 auf zwei vorgefahrene Niederländer wollt kurz vor Schluss wissen, wie die Bestzeit für die schnellste Runde steht. Sein Ingenieur Giampiero Lambiase zögerte zunächst, er ahnte schon etwas: „Darüber machen wir uns gerade keine Gedanken.“ Rückantwort aus dem Cockpit: „Ich mir schon!“ Auch Perez hatte beim Kommandostand nachgefragt, hielt sich brav an die vorgeschriebene Zeitvorgabe, im sicheren Gefühl, damit den Extrapunkt sicher zu haben. Bis Verstappen im letzten Umlauf doch noch einen draufsetzte und damit die WM-Führung behielt. Der Mexikaner kommentierte das sarkastisch: „Ist ja großartig.“

Den Magen verdorben

Es ist ein Dialog des Misstrauens, der die Tonalität für den weiteren Saisonverlauf vorgeben und im schlimmsten Fall den ganzen Rennstall aus der Bahn werfen kann. Red-Bull-Berater Helmut Marko zuckte mit den Achseln: „Das ist eben Max.“ Soll heißen: Spazieren fahren könne so einer nicht, nur das Schicksal herausfordern. Teamchef Christian Horner mag alles nicht überbewerten, er behauptet, zwei reife Chauffeure zu beschäftigen, spricht gar von einer durch Respekt geprägten Zusammenarbeit. Wenn er sich da nicht mal täuscht. Das Klima scheint nachhaltig vergiftet. Dass Verstappen derjenige ist, der sich im Mittleren Osten nachhaltig den Magen verdorben hat, erscheint da wie eine Laune des Schicksals.

Es schwelt etwas, das leicht explodieren kann. Red Bull Racing hat diese Erfahrung schon in der erbitterten Auseinandersetzung zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber gemacht, als sich der Weltmeister aus Deutschland 2013 in Malaysia gegen die klare Anordnung, die Positionen zu halten, hinwegsetzte und den Australier trotzdem überholte. Keine Entschuldigung, nur die lakonische Antwort: „Ich war schneller.“

Red Bull Racing ist das Team, bei dem die Gnadenlosigkeit am deutlichsten gelebt wird, man sieht es an der brüchigen Beziehung zwischen Verstappen und Perez. Der Mexikaner wittert seine Chance auf den Titel, doch der 33-Jährige weiß auch, dass der erfolgreichere Kollege das höhere Ansehen genießt und auch verbissener ist. „Alle sind glücklich, ich persönlich bin es nicht. Denn ich bin nicht hier, um Zweiter zu werden“, sagte Verstappen in Saudi-Arabien.