Fingerzeig: Nach seinem Sieg in Monza ist WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton kaum noch einzuholen Foto: dpa

Es hätte so schön sein können: Doch als Mercedes in Monza den siebten Saisonsieg von Lewis Hamilton feiern will, wird bekannt, dass sein Silberpfeil ins Visier der Rennkommissare geraten ist. Letztlich hieß es aber: Ende gut, alles gut!

Monza - Schon als er morgens an der Strecke im Königlichen Park in Monza ankam, gab Lewis Hamilton Gas. Auf einer MV Augusta rauschte der Brite zur Rennstrecke. Doch nicht nur das: Nach seiner Ankunft legte der Mercedes-Pilot vor den unzähligen Tifosi noch einen umjubelten Burn-out mit dem Motorrad hin. Nur wenige Stunden später sahen dann auch die Formel-1-Konkurrenten nur die Hinterräder des Weltmeisters. Das Ergebnis: ein klarer Start-Ziel-Sieg. „Es war ein fantastisches Wochenende. Ich bin unglaublich stolz“, jubelte der Brite, der Sebastian Vettel bei seinem Ferrari-Debüt in Italien auf den zweiten Platz verwiesen hatte. Der viermalige Weltmeister aus Heppenheim war dennoch ganz aus dem Häuschen: „Es ist einer der emotionalsten Tage für mich in der Formel 1. Der Moment auf dem Podium macht das Ganze so lebenswert und so lebendig. Es ist ein Traum, Fahrer für Ferrari zu sein“, schwärmte Vettel. Dritter wurde Felipe Massa (Brasilien) im Williams.

So emotional es hinterher zuging, so nüchtern war das Rennen. Bis kurz vor Schluss ist der 65. Grand Prix auf Monzas Hochgeschwindigkeitskurs so interessant gewesen wie ein Traktorrennen über 500 Kilometer – er war auf dem besten Wege, einer der langweiligsten der Formel-1-Geschichte zu werden. Hätte Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen (Finnland), der Zweitplatzierte im Qualifying, am Start keine Kupplungsprobleme gehabt, es wäre rein gar nichts passiert. Hamilton drehte seine Kreise, Vettel fuhr mit immer größerem Rückstand hinterher. Hamiltons Teamkollege und schärfster Widersacher Nico Rosberg reihte sich dahinter ein.

Rosbergs Motor ging in Rauch auf

Manch einer der 90 000 Zuschauer im Autodromo Nazionale war schon im Begriff einzunicken, als in der drittletzten Runde noch einmal Feuer unterm Dach war. Oder genauer: unter der Haube des Mercedes von Nico Rosberg. Der Motor des Wiesbadeners ging in Rauch auf. Der Zweite der WM-Gesamtwertung musste seinen Wagen abstellen: Totalschaden an Rosbergs altem Motor, der bereits sechs Rennen abgespult hatte. Der Grund: Das neue Aggregat hatte nach Problemen mit dem Kühlsystem vor dem Rennen nicht eingesetzt werden können. „Es lief alles schief, was schieflaufen kann“, ätzte Rosberg nach seinem verkorksten Wochenende. Die Verärgerung des Silberpfeil-Piloten ist aber nur zu verständlich. Der Rückstand des 30-Jährigen in der Gesamtwertung auf Hamilton ist auf fast uneinholbare 53 Punkte angewachsen. Damit kann der blondierte Hamilton schon sieben Rennen vor Saisonende die WM-Party planen.

Allerdings: Nach großer Sause war ihm und den Verantwortlichen bei Mercedes unmittelbar nach Rennende nicht zumute. Für Schnappatmung sorgte eine Untersuchung des Automobilweltverbandes Fia. Der Vorwurf: Der Reifendruck bei den Silberpfeilen soll unterhalb der Minimalgrenze gelegen haben. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, der zusammen mit Technikchef Paddy Lowe zu den Rennkommissaren zitiert wurde, versicherte aber, dass sich die Mechaniker beim Reifendruck an die vorgegebenen Daten gehalten hätten: „Es war alles innerhalb dessen, was gemacht werden durfte. Wir haben alles unter Pirelli-Aufsicht gemacht“, beteuerte Wolff. Der italienische Hersteller hatte nach den Reifenplatzern zuvor in Spa neue Richtwerte ausgegeben.

Trotzdem schien Mercedes von den Ermittlungen während des Rennens etwas gewusst zu haben. Die Ingenieure hatten Hamilton zum Schluss angehalten, seinen Vorsprung auszubauen, obwohl der Brite weit über 20 Sekunden vor dem zweitplatzierten Vettel gelegen hatte. „Wir wollten die größtmögliche Lücke rausholen für verschiedenste Szenarien“, erklärte Wolff wohl auch mit Blick auf eine mögliche 25-Sekunden-Strafe. Letztlich war das alles unnötig. Denn zwei Stunden nach der Siegerehrung bestätigten die Kommissare den 40. Karriere-Erfolg von Lewis Hamilton. Auch eine Strafe wird es nicht geben. Ende gut, alles gut!