Formel 1
Fernando Alonso, Champion der Jahre 2005 und 2006, fährt im McLaren hoffnungslos hinterher. Auch deshalb gönnt sich der Spanier nach seinem Heim-Grand-Prix eine Auszeit und startet beim 500-Meilen-Rennen von Indianapolis.
Barcelona - Fernando Alonso ist ein Ritter der traurigen Gestalt. Seit 2015 fährt der zweimalige Weltmeister für McLaren, und seither ist er abgetaucht in die Bedeutungslosigkeit. Nun muss man dem Spanier zu Gute halten, dass er seinen Frust nicht verbirgt und hinter auswendig gelernten Durchhalteparolen versteckt. Ein Auszug aus seinen Äußerungen liefert den Beweis, dass sich der Spanier sportlich wie im falschen Film fühlt.
„Bei uns geht wahrscheinlich jede Kurve mit Vollgas“, lästerte Alonso im Hinblick auf das müde Honda-Triebwerk, das die einst ruhmreiche McLaren-Schmiede seit mehr als zwei Jahren so lächerlich aussehen lässt. „Gleiche Motoren für alle“, forderte der Rennfahrer unlängst und machte damit seine Hoffnungen an die die neue Formel-1-Führung publik. „Ich werde auf der Geraden wie ein GP2-Auto überholt – das ist sehr, sehr peinlich“, polterte er auch schon munter drauflos.
Alonso geht ohne Siegchancen in den Heim-Grand-Prix
Das Unbehagen gleitet dabei immer mal wieder in Zynismus ab. Auf die Frage, ob sein Dasein als McLaren-Pilot nicht reine Zeitverschwendung sei, lächelte er frech und sagte: „Nein, ich bin lieber hier als zu Hause im Supermarkt.“
An diesem Sonntag (14 Uhr/RTL) findet im Norden von Barcelona der große Preis von Spanien statt, und die iberischen Fans haben auf der Formel-1-Bühne nichts weiter zu feiern als einen unzufriedenen Altstar. Alonso ist schon stolze 35. Als er das letzte Mal im Jahr 2006 Weltmeister wurde, drehte Sebastian Vettel noch mit der Zahnspange in Nachwuchsklassen seine Kreise. Der letzte Alonso-Sieg datiert aus dem Jahr 2013, damals noch bei Ferrari.
Wie satt Alonso das McLaren-Desaster hat, äußert sich in seiner jüngsten Aktion, die doch sehr an Flucht erinnert. Angesichts der Ausweglosigkeit bei McLaren gönnt sich der Asturier eine Auszeit und fährt bei den legendären 500 Meilen von Indianapolis mit. Dafür lässt er das Monaco-Rennen in zweieinhalb Wochen sausen. McLaren holt dafür den 37 Jahre alten Briten Jenson Button aus dem Formel-1-Ruhestand – mit der Begründung, dieser habe bei den Grimaldis ja schon mal gewonnen.
Das ändert nichts daran, dass der selbst verordnete US-Schnupperkurs des Spaniers eine Art Fahnenflucht ist. Das Fortkommen mit McLaren ist Alonso nicht mehr so wichtig, er hat mit dem Thema offenbar abgeschlossen. „Der Indy-Deal hat nichts mit meinen Formel-1-Plänen zu tun, ich werde mich erst im Sommer entscheiden“, sagt der Rennfahrer über seine Zukunft und spricht Klartext: „Wenn wir im September, Oktober die Möglichkeit haben zu gewinnen, wäre ich mehr als froh, im Team zu bleiben.“ Mit anderen Worten: Wenn nicht, dann ist er weg.
Spanier hofft auf Ablenkung beim Klassiker in Indianapolis
Zurzeit reizt ihn etwas anderes als das Formel-1-Mittelmaß. Wenn er „Indy 500“ gewinnt und später noch die 24 Stunden von Le Mans, dann hat Alonso als Formel-1-Weltmeister das Triple der drei hochrangigsten Motorsport-Veranstaltungen in der Tasche – das schaffte bislang nur Graham Hill. Dass er in der Formel 1 an die sieben WM-Titel von Michael Schumacher nicht mehr heranreichen würde, das ist dem Spanier mit dem ausgeprägten Selbstbewusstsein schon seit Jahren klar.
Nach seinen Renault-Titeln 2005 und 2006 wurde Alonso irgendwie nicht richtig glücklich. Das erste McLaren-Engagement im Jahr 2007 endete mit der Spionage-Affäre; in den beiden folgenden Jahren war Renault nicht mehr titelfähig. Im Ferrari wurde er zwar dreimal Vizeweltmeister, aber das ist ja nicht sein Anspruch. Überdies schaffte es Alonso nicht, die Italiener so mitzureißen wie seinerzeit Michael Schumacher. Gegen Ende der fünf Jahre in Maranello zog sich der Pilot mehr und mehr ins Schneckenhaus zurück und sorgte für schlechte Stimmung, die vor allem die emotionalen Italiener lähmte und ungebremst in die Krise führte.
Der zweite McLaren-Versuch wurde indes wegen des schwachbrüstigen Honda-Motors zum Reinfall. Allen voran Lewis Hamilton bedauert das Dilemma, in dem der Weltmeisterkollege steckt. „Dieser Typ muss ein gutes Auto haben, damit er mit uns kämpfen kann, bevor seine Zeit um ist“, sagt der Mercedes-Pilot, der inständig hofft, dass der Spanier so lange wie möglich weitermacht. Und der Mercedes-Motorsport-Aufsichtsrat Niki Lauda meint: „Schnelligkeit und Aggressivität – darin ist er der Beste.“
Diese Ehrerweisungen machen deutlich, dass in Formel-1-Kreisen noch immer viel gehalten wird von den Fähigkeiten des Spaniers Fernando Alonso. Nur läuft es bei ihm wirklich nicht richtig rund. Nirgendwo. Bei seinen ersten Testrunden in Indianapolis kam er im Schnitt auf 222 Meilen, was einen Start von sehr weit hinten bedeutet hätte. Außerdem überfuhr er zwei Tauben. Es nimmt wirklich kein Ende.