Nico Rosberg (rechts) schlitzt mit seinem Frontflügel das Hinterrad von Lewis Hamilton auf - Das sorgt für mächtig Ärger im Mercedes-Rennstall Foto: EPA

Wenn einer beide Mercedes hinter sich lassen kann, dann Daniel Ricciardo. Der Australier gewinnt den Großen Preis von Belgien – er profitiert davon, dass sich die Silberpfeil-Piloten gegenseitig das Leben schwerer machen, als das der Teamleitung lieb ist. Bei Mercedes gibt es einiges zu bereden.

Spa-Francorchamps - Das musste ja irgendwann einmal so kommen. Dass sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton im erbitterten Streit um den Formel-1-Titel gegenseitig an die Karre fahren, und zwar im Wortsinn. In Belgien kämpften die Mercedes-Kollegen in Runde zwei um die Führung, auf der Zufahrt zur Kurve Les Combes wurde es eng – und in der Kurve zu eng: Rosberg schlitzte Hamiltons linken Hinterreifen auf und beschädigte seinen Frontflügel schwer. Es war der Gau für Mercedes: Ein wahrscheinlicher Doppelsieg war verhindert, der Brite fiel auf den letzten Platz zurück und gab kurz vor Ende auf; der Wiesbadener musste seine Strategie umstellen, einen zusätzlichen Stopp einlegen und kam nach einer Aufholjagd immerhin noch als Zweiter ins Ziel.

Doch einige Fans hatten den Deutschen als bösen Buben ausgemacht. Es gab deutlich hörbare Pfiffe für Rosberg auf dem Podium, Interviewer Eddie Jordan sah sich gezwungen, die Menschen zur Fairness zu mahnen, was nicht alle akzeptierten. „Ich wollte außen vorbei, da haben wir uns berührt“, erklärte Rosberg, „ich sehe es, wie es die Stewards entschieden haben: als Rennunfall. Ich war zu dem Zeitpunkt schneller, es war eine Gelegenheit. Deshalb habe ich es versucht.“ Seine Vorgesetzten hatten eine etwas andere Sichtweise. Niki Lauda, ohnehin nie verlegen um klare Worte, war mächtig sauer auf den 29-Jährigen. „Das ist absolut unakzeptabel“, schimpfte der Rennstall-Aufsichtsratschef von Mercedes, „Lewis ist in der Kurve vorn und Nico fährt in ihn hinein. Wenn das im Kampf um den Sieg in den letzten Runden passiert, könnten wir darüber reden – aber das war in Runde zwei. Wir haben einen ziemlich sicheren Doppelsieg weggeworfen. Bravo!“

Auch Toto Wolff war mit keinem Muskel seines Gesichtes willens, sich über Rang zwei für Rosberg zu freuen. Der Mercedes-Motorsportchef versuchte, seine Kritik diplomatisch zu formulieren. „Ein unerfreuliches, ein inakzeptables Szenario für Mercedes“, sagte der Österreicher, „diese Aktion war zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig – damit stehen wir alle dämlich da.“ Hamilton, der eigentlich Leidtragende des Manövers, wollte erstaunlich besonnen nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen. „Es ist nicht leicht, das runterzuschlucken, es gibt eben solche Tage, an denen so was passiert“, stöhnte der Brite, „ich war vorn, bin die Kurve gefahren wie immer, dann bekomme ich einen Schubser.“ Es war Nico Rosberg in der Pressekonferenz anzusehen, dass er ahnte, dass der Fehler zum größten Teil bei ihm gelegen haben musste. Er hörte zahlreiche bohrende Fragen, seine Antworten waren ausweichend. „Wir duellieren uns doch schon die ganze Zeit, es war doch klar, dass es einmal eng wird“, sagte er beispielsweise, „und das ist eben ganz schlecht gelaufen.“

Nun sind Niki Lauda und Toto Wolff mehr denn je gefordert – es liegt an der Teamführung, die Spaltung des Rennstalles in ein Lager Rosberg und in ein Lager Hamilton zu verhindern. In Spa-Francorchamps hat der Krieg der Sterne erst richtig begonnen.

Zwar hatte es schon einige Gespräche gegeben, eins sogar am Donnerstag vor dem Grand Prix, anscheinend waren sie alle nicht deutlich genug. Das soll sich ändern, es muss sich ändern. „Es liegt an uns, die Botschaft klar rüberzubringen, damit sich so was nicht wiederholt“, betonte Wolff. Noch an der Rennstrecke setzte die Teamleitung ein Meeting mit den Piloten an, Lauda erklärte, man werde „die Fahrer anhören, die Situation analysieren und entscheiden“. Die 64 Jahre alte Rennlegende versprach: „Wir werden diesen Fehler korrigieren, und wir werden dabei nicht herumeiern.“ Das ist ihm absolut zuzutrauen – und auch bitter nötig.