Robert Kubica fährt im Williams wieder in der Formel 1 mit. Sein Dienstwagen musste jedoch umgebaut werden – der Pole schaltet mit der linken Hand. Foto: AFP

Robert Kubica kann seine rechte Hand nur eingeschränkt bewegen – trotzdem kehrt er in die Formel 1 zurück. Doch der Start des Polen beim ersten Rennen am Sonntag wird auch von Skepsis begleitet.

Stuttgart - Was treibt ihn an? Mit 34? Und mit einer rechten Hand, die nach einem Rallyeunfall 2011 nur noch 40 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit besitzt? Ist dieser Mann etwa verrückt?

Wie auch immer das Urteil ausfällt: Die Formel-1-Rückkehr von Robert Kubica wird gepriesen als eine der imposantesten Geschichten im Vorfeld der Saison 2019, die am Sonntag in Melbourne beginnt. In den Gazetten ist vom Comeback des Jahres die Rede, und der schlaksige Pole, der vor seinem Unfall im Jahr 2011 immerhin 76 Formel-1-Rennen bestritten hatte, donnert in die Schlagzeilen wie noch nie: Kubica hier, Kubica da, Kubica überall – darum geht es. Aber vielleicht ist die Story ja deshalb so aufregend, weil es nur zwei Möglichkeiten gibt, wie sie ausgehen könnte: hopp oder topp.

Robert Kubica bringt für Williams auch Geld mit

Entweder schafft Kubica, der bei seinem Horrorcrash fast von einer Leitplanke aufgespießt wurde und der acht Jahre lang kein Formel-1-Rennen mehr absolvierte, ein Wunder – oder er geht unter. Für zahlreiche Beobachter der Szene ist seine Rückkehr ins 900-PS-Auto jedenfalls nichts weiter als ein Himmelfahrtskommando. Kubica ist das egal – und dem Williams-Rennstall, seinem Arbeitgeber, ohnehin jedes Mittel recht, Aufmerksamkeit zu erhaschen. Die traditionsreiche britische Marke, die in der ewigen Bestenliste mit 114 Grand-Prix-Siegen auf Platz drei hinter Ferrari (235) und McLaren (182) rangiert, ist seit vielen Jahren nämlich nur ein Schatten ihrer selbst. 2018 hamsterten Lance Stroll und Sergej Sirotkin jämmerliche sieben WM-Punkte. Als Tabellenletzter befand sich Williams am Abgrund.

Um das Dasein abseits der öffentlichen Wahrnehmung angenehmer zu gestalten, bekommt nun Kubica seine spektakuläre, aber auch zweifelhafte Chance. „Das ist eine der größten Leistungen meines Lebens“, sagt der Rennfahrer über seine Rückkehr, zudem habe er die Formel 1 „niemals“ aus den Augen verloren. Teameigner Frank Williams verliert dagegen niemals den unbefriedigenden Zustand seiner Teamkasse aus den Augen. Der Cocktail-Hersteller Martini ist nicht mehr Titelsponsor – aber Kubica der Retter. Er brachte nicht nur seine rührende Krankengeschichte mit, sondern auch die Dollars des polnischen Mineralölkonzerns Orlen.

Es gibt Fahrerkollegen, die davon überzeugt sind, dass der Krakauer sein sehr besonderes Comeback bestehen wird. Lewis Hamilton und Kubica, beide vor 14 Jahren noch zarte 20 Jahre jung, galten als größte Versprechen für die Zukunft. Doch der eine gewann fünf WM-Titel, der andere war acht Jahre weg. „Er ist einer der talentiertesten Fahrer, gegen die ich je angetreten bin, und es ist toll, dass er zurück ist“, sagt der Mercedes-Pilot Hamilton über seinen ehemaligen Nachwuchskollegen und heißt den alten Kumpel willkommen.

Der Rennfahrer Nico Hülkenberg äußert Kritik

Es gibt aber auch andere Stimmen. So glaubt der für seine deutlichen Worte bekannte Rennfahrer Nico Hülkenberg eher nicht, dass Kubica mit Blick auf seine körperlichen Einschränkungen mithalten kann. Andere Piloten verweisen auf gewisse Risiken im Formel-1-Straßenverkehr, falls der Williams-Fahrer in brenzligen Situationen mit der rechten Hand nicht richtig reagieren kann. Bei den Testfahrten im Februar irritierte Kubica bereits die Kollegenschaft mit gefährlichen Aktionen. Ihm fehlt, es ist spürbar, die Praxis. „Du kannst im Fitnessstudio so viel trainieren, wie du willst, aber das echte Fahren im Formel-1-Auto ist etwas ganz anderes“, sagte der Rennfahrer, um seine Irrfahrten auch ein bisschen zu entschuldigen.

Man muss vorsichtig damit sein, von außen seine Fähigkeiten zu beurteilen, und seine Entscheidung, wieder mitzumachen, verdient Respekt. Auch hätte Kubica vom Weltverband Fia wohl nicht die Rennlizenz bekommen, wären die Bedenken zu groß gewesen. Dennoch ist selten ein Comeback so fragwürdig gewesen – wogegen sich der Pole wehrt. „Man sieht meine Limitierung, aber die Leute glauben wohl, dass sie mehr limitiert, als es der Fall ist“, sagt der Mann, dessen Auto angepasst werden musste, nun schaltet Kubica mit links.

Mit dem Umbau und seinem ohnehin kraftschonenden Fahrstil will er es hinbekommen, bei Tempo 330 über den Asphalt zu jagen. „Der Körper stellt sich auf die Kräfte ein und deine Reaktion auch“, sagt Robert Kubica und ist überzeugt davon, dass er das packt. Alle anderen hoffen es.

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