Da geht’s lang: so war Bernie Ecclestone im Fahrerlager der Formel 1 oft anzutreffen. Foto: dpa/Diego Azubel

Alles, was die Formel 1 heute ist, verdankt sie ihrem ehemaligen Boss Bernie Ecclestone. Der feiert seinen 90. Geburtstag.

Stuttgart - Bernie Ecclestone wusste schon als Knabe, worum es geht. Auf einem Schulhof in London hat er Kugelschreiber und Fahrradpumpen an seine Klassenkameraden verscheuert – natürlich mit Gewinn. Und vor der ersten Stunde soll er auch alle Backwaren in der näheren Umgebung aufgekauft haben. Die Brötchen hat er dann wieder verhökert – ebenfalls mit Aufschlag. Dahinter steckt ein simples Prinzip: Wer das Monopol besitzt, der verdient das Geld.

An diesem Mittwoch wird Bernard Charles Ecclestone 90 Jahre alt. Aus dem Schulhof-Händler ist ein Milliardär geworden. Sein aktuelles Vermögen wird auf umgerechnet 2,7 Milliarden Euro geschätzt, und es könnte sehr viel mehr sein. Eine im Jahr 2009 getroffene Scheidungsvereinbarung soll seiner Ex-Frau Slavica für einen Zeitraum von zehn Jahren Alimente in Höhe von einer Milliarde US-Dollar garantiert haben. Damals war die Rede von einer der teuersten Scheidungen der Welt.

Etwas Kleingeld bleibt übrig

Big Bernie wird die Abgaben verkraftet haben, und es ist sicher genug Kleingeld übrig für den aufwendigen Lebensstil seiner Töchter Petra und Tamara, eine dritte Tochter, sie heißt Deborah, aus einer früheren Beziehung hat er auch noch. Die Reserven reichen wohl auch bestens für seine Frau Fabiana Flosi aus, die ihn vor wenigen Monaten im sehr ordentlichen Alter von 89 Jahren zum Vater eines Sohnes machte. Ace heißt der Junge. Weiterer Nachwuchs ist nicht ausgeschlossen. „Ich weiß noch nicht, ob wir hier aufhören – vielleicht sollte er noch einen kleinen Bruder oder eine kleine Schwester haben“, sagte Ecclestone.

Für Familie hat er Zeit, seit er im Jahr 2017 seine große Welt verloren hat – die Formel 1. Die neuen Bosse von Liberty Media hätten ihm noch einen Platz als Berater und Grüß-Gott-Onkel freigehalten, aber das kam für den machtbewussten Engländer überhaupt nicht infrage. Als der allseits nur kumpelhaft genannte Bernie ging, malten sich Rennsportpuristen bereits Horrorszenarien vom Untergang der Serie aus, zumindest werde die Formel 1 ohne ihren Chef nie wieder so sein, wie sie war. Denn der nur überschaubare 1,59 Meter große Engländer war nicht nur der Patron der Formel 1 – Bernie Ecclestone war die Formel 1!

Der Gebrauchtwagenhändler

Dem ehemaligen Gebrauchtwagenhändler verdanken im Prinzip ja auch alle alles. Er fing an als mäßig begabter Rennfahrer, war Manager von Jochen Rindt, auch Teamchef – doch als er 1977 die Werberechte und ein Jahr später die TV-Rechte an der Formel 1 erwarb, war er die zentrale Figur der Serie. Er machte die kleine Welt der Hinterhofschrauber zu einem aufgepumpten und glamourösen Milliardenzirkus. Die von Ecclestone angeworfene Geldvermehrungsmaschine machte sie im Laufe der Jahre alle zu Millionären: die Rennställe, die Teamchefs, die Ingenieure – allen voran natürlich die Piloten. Der umtriebige Chef zog Hersteller wie Mercedes, BMW oder Toyota an Land. Und er zog Rennstreckenbetreibern oder Regierungen millionenschwere Antrittsgebühren aus der Tasche. Liberty Media hat sich im Jahr 2017 sozusagen ins gemachte Nest gesetzt.

Dass die Schraube überdreht ist, die Formel 1 sich derzeit mit drastischen Budget-Änderungen und einer sich verändernden Mobilität beschäftigen muss – Bernie Ecclestone beobachtet das alles aus sicherer Entfernung. Ab und zu haut er einen Spruch raus, der eigentlich nicht zitierfähig ist, doch einige seiner PS-Jünger vergangener Jahre verzeihen ihm das oft mit der Bemerkung: „So ist er halt . . .“ Zuletzt äußerte sich Ecclestone unterirdisch zur Rassismusdiskussion und behauptete, schwarze Menschen seien in vielen Fällen rassistischer als weiße – dafür ist er vor allem von Lewis Hamilton kritisiert worden. Der Pilot bezeichnete Ecclestones Aussagen als „ignorant“ und „ungebildet“.

Zündaussetzer

Verbale Zündaussetzer leistete sich der ehemalige Formel-1-Boss immer wieder. So sagte er einmal, dass Hitler kein wahrer Diktator gewesen sei und sich in der Lage befunden habe, „die Dinge zu regeln“. Daraufhin musste sich Ecclestone entschuldigen. „Ich glaube nicht, dass Demokratie der richtige Weg ist, ein Land zu führen“, lautete eine weitere Entgleisung von Mister E., die Entrüstung hervorrief. Als Beispiel führte er Saddam Hussein an.

Einfach mal nichts sagen und den Lebensabend genießen – man möchte es dem Jubilar zurufen. Mit 90 vom Gas zu gehen war noch nie eine Schande.