Nach einem katastrophalen Jahr 2013 hat Williams das Tal überwunden: Felipe Massa in Spielberg Foto: dpa

Einst zählte Williams zu den Branchenführern in der Formel 1, doch die Erfolge liegen lange zurück. Nach einer Phase von Misserfolg und Finanzkrise scheint das Tal weitgehend durchschritten.

Einst zählte Williams zu den Branchenführern in der Formel 1, doch die Erfolge liegen lange zurück. Nach einer Phase von Misserfolg und Finanzkrise scheint das Tal weitgehend durchschritten.

Spielberg/Stuttgart - Frank Williams lächelte und nickte seinen Mitarbeitern zu. Auf diese Art pflegt der Rennstall-Gründer seine höchste Anerkennung auszudrücken. Sir Frank ist mittlerweile 72 Jahre alt und eine Querschnittslähmung bindet ihn seit 1986 an den Rollstuhl; Alter und Behinderung begrenzen seine Möglichkeiten zur Kommunikation – und seine Stimme ist seit Jahren eine sehr dünne.

Die Williams-Mitarbeiter spürten ganz genau, dass ihr Seniorchef an diesem frühen Sonntagabend sehr glücklich war. Und seine Tochter Claire fasste die Gefühlslage aller vor den Reportern in Worte: „Ich bin so glücklich für alle im Team, auch für die Leute in der Fabrik in Grove", sagte die Teamchefin, „das haben wir wirklich verdient." Beim Großen Preis in Spielberg hatten die Fahrer Valtteri Bottas und Felipe Massa die Plätze drei und vier geholt. Damit war nicht unbedingt zu rechnen.

Denn das Traditionsteam, seit 1977 in der Formel 1, das Lebenswerk von Frank Williams drohte ein trauriges, unrühmliches Ende zu nehmen. 2013 standen gerade mal fünf WM-Punkte auf dem Konto, lediglich die jungen und chronisch erfolglosen Teams Marussia und Caterham waren noch schwächer. Auch die Jahre davor zählte das Team aus Mittelengland bestenfalls zu den Mittelklasse-Rennställen. Dabei zählen neun Konstrukteurs- und sieben Fahrertitel sowie 114 Grand-Prix-Siege zu den Meriten der Williams-Mannschaft. Doch die Erfolge hatten längst Patina angesetzt – in den 1980ern und 1990ern schrieb das Team immer wieder Formel-1-Geschichte. Alan Jones war 1980 der erste Williams-Champion, zwischen 1986 und 1997 zählte Williams zu den Branchenführern, die Piloten waren Dauergäste auf dem Podium . Mit dem legendären Honda-Turbomotor holte Nelson Piquet 1986 und 1987 zwei Fahrertitel, Nigel Mansell (1992), Damon Hill (1996) und Jacques Villeneuve (1997) folgten.

Dann räumte Adrian Newey den Schreibtisch in Grove, der Aerodynamiker ging zu McLaren-Mercedes. Für Gerhard Berger der Beginn des Abstiegs. „Newey war bei allen Teams, bei denen er gearbeitet hat, zu 70 Prozent der Schlüssel zum Erfolg“, sagt der Ex-Rennfahrer aus Österreich. Die These kann mit Fakten dienen. Williams holte mit Newey vier Fahrer- und fünf Konstrukteurstitel, ohne ihn nach 1997 keinen mehr. Unter Neweys Regie wurde McLaren zweimal Fahrer- und einmal Konstrukteurs-Weltmeister sowie insgesamt siebenmal Vizeweltmeister. Seit 2006 ist Newey bei Red Bull, das Team dominierte von 2010 bis 2013. „Williams hat es nach Neweys Abgang verpasst, auf junge, innovative Techniker zu setzen“, sagt Berger, der als BMW-Motorsportdirektor (1998 bis 2002) Einblicke in die innere Struktur beim Teampartner Williams besaß.

Nach dem Abschied von Motorenlieferant BMW 2005 wurde der Rennstall nach hinten durchgereicht. Die Resultate wurden schwächer, die Sponsorenlage prekärer – diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist eine Herkulesaufgabe. 2012 und 2013 hatten Banken Zweifel, dass Williams noch viele Runden drehen würde; Bezahlfahrer Pastor Maldonado wurde wegen seiner Petro-Dollars aus Venezuela verpflichtet, auch Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone soll sich großzügig gezeigt haben. Der 2013 ins Team geholte Pat Symonds traf einige glückliche Entscheidungen und leitete den Umschwung ein. Der Technikdirektor, der schon bei Benetton und Renault Formel-1-Stallgeruch bekommen hat, ordnete Mannschaft und Arbeitsabläufe neu, veränderte Prioritäten. Eine war, 2014 nicht mehr auf Renault als Motorenpartner zu setzen, sondern Mercedes-Power zu kaufen. Ein Volltreffer, wie die Saison beweist. „Pat war eine Schlüsselperson fürs Comeback, wir sehen das an den Ergebnissen“, sagt Valtteri Bottas, der die Phase des Umbau miterlebt hat.

Wegen des 61 Jahre alten Symonds heuerte auch Rob Smedley vor dieser Saison in Grove an. „Ich befand mich an einem Punkt, an dem ich lernen musste, wie man Leute führt, Gruppen managt und Situationen beherrscht. Dafür ist Pat der richtige“, betonte der frühere Ferrari-Ingenieur. Dass der 40-Jährige zudem ein Intimus des neuen Williams-Piloten Felipe Massa ist, erleichtert das Miteinander. Es geht wieder aufwärts, der Podiumsplatz von Bottas soll nicht der letzte gewesen sein. Es dürfte für Außenstehende kaum zu erkennen sein, wie glücklich Frank Williams über den Fortbestand seines Lebenswerks ist. Seine Freunde aber wissen Mimik und Gesten zu deuten.