Nico Hülkenberg vor seiner Formel-1-Tour rund um die Welt: Es wird ein schwieriges Jahr für den Force-India-Piloten Foto: dpa

Nico Hülkenberg möchte in die Sphären vorstoßen, in denen sich seine Landsleute Nico Rosberg und Sebastian Vettel befinden – zu den Topteam-Piloten der Formel 1. Das scheint aber recht aussichtslos

Melbourne - Den wichtigsten Kampf hat der Rennstall von Vijay Mallya gewonnen. Force India hat es geschafft, zwei Rennwagen für die Saison 2015 zu bauen, die Piloten Nico Hülkenberg und Sergio Perez werden an diesem Sonntag (6 Uhr/RTL) in der Startaufstellung beim Großen Preis von Australien stehen; das Benzin für die Autos und die Hotelzimmer für die Teammitglieder können bezahlt werden. Das ist mehr, als manche Schwarzseher erwartet haben, sie vermuteten eine Insolvenz. Doch der Inder Vijay Mallya sträubt sich beharrlich und noch erfolgreich, trotz permanenter finanzieller Engpässe sein Team von der Formel 1 abzumelden. Hilfreich war freilich auch der Prämienvorschuss von 28,5 Millionen Dollar, den Promoter Bernie Ecclestone gewährt hat – andernfalls wäre Force India wahrscheinlich gar nicht nach Melbourne geflogen.

Allerdings ist der stete Kampf ums Überleben nicht ohne negative Folgen geblieben. Der Bolide VJM08 wurde spät fertig, hat wenige Testkilometer gesammelt, deshalb startet Nico Hülkenberg ohne große Hoffnungen. „Wir werden sicher nicht auf das Podium fahren“, sagte der Emmericher mit einem süßsauren Lächeln, „der Saisonstart wird zäh – wir müssen dem Auto Speed einhauchen“. Weil die Dollar-Noten bei Force India fast so selten sind wie eine Blaue Mauritius, rechnet der 27-Jährige nicht damit, dass sich schnelle Fortschritte einstellen. Hoffnung macht nur der Mercedes-Antrieb im Heck. „Das ist sicher ein Bonus für uns“, sagte er. Für den Rheinländer wird es eine Fahrt ins Ungewisse. „Natürlich ist das nicht ideal, die Situation ist eben, wie sie ist, und damit muss man sich abfinden.“

Für den Force-India-Fahrer wäre es – aus derzeitiger Sicht – schon ein riesiger Erfolg, wenn er wie 2014 viermal auf Position fünf ins Ziel fahren könnte. Doch viele Konkurrenten werden stärker eingeschätzt. Branchenführer Mercedes sowieso, die Verfolger Red Bull, Williams und Ferrari ebenfalls, McLaren und Toro Rosso dürften auch noch vor Force India liegen, das sich wahrscheinlich mit Lotus und Sauber streiten wird. Ein Platz im tristen Mittelfeld ist aber nicht das, was Nico Hülkenberg in seiner Karriere vorwärtsbringt – der Mann benötigt in seiner fünften Grand-Prix-Saison vorzeigbare Ergebnisse. Der gelernte Speditionskaufmann ist 27, bald ist er zu alt, um von einem Topteam verpflichtet zu werden. Bald prangt auf Nico Hülkenberg der Stempel „ewiges Talent“, und das Verfallsdatum als zukunftsfähiger Rennfahrer läuft ab. „Meine Zeit in einem Spitzenteam wird kommen. Bis dahin will ich meine Leistung abliefern“, hatte er zum Saisonende 2014 noch betont.

Was bleibt Hülkenberg anderes übrig, als sich motiviert in seine Arbeit zu stürzen und es positiv zu sehen? Nichts. „Wir haben eine gute Truppe und gelten nicht als Langsamlerner“, bekräftigte er. Ganz nach dem Motto: Eigentlich kann es nur aufwärtsgehen. Im Grunde hat Nico Hülkenberg einen wichtigen Kampf schon gewonnen: Er besitzt noch immer einen exklusiven Arbeitsplatz in der Formel 1, für den er mit geschätzten drei Millionen Euro Jahresgehalt entlohnt wird. Der beschäftigungslose Adrian Sutil würde garantiert sofort mit ihm tauschen.