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Nicht so links wie erwartet – aber sind die Genossen so stark, wie es scheint?

Berlin - Schwarz-Gelb ringt um den Fortbestand der Koalition - da wittern die Genossen Morgenluft. SPD-Chef Gabriel meint, das Regiment übernehmen zu können. Doch wo steht die SPD eigentlich? Links oder rechts? Und wohin steuert Gabriel?

Es muss gar nicht immer der Siggi sein", sagen sie in der SPD. Nein, muss es wirklich nicht. In der Partei gibt es zurzeit niemanden, der nicht wie ihr Vorsitzender Sigmar Gabriel augenzwinkernd und vergnügt darüber reden möchte, wie gut es ihr geht - so gut, dass sie angesichts der desolat agierenden schwarz-gelben Koalition, der die Mehrheit der Deutschen das vorzeitige Scheitern vorhersagt, jederzeit wieder Ruder und Regierung übernehmen könnte. "Und zwar sofort", sagt Gabriel.

Letztlich muss es dann aber doch der Siggi sein. Wenn entschieden werden sollte, wer bei einer möglichen Neuwahl als SPD-Kanzlerkandidat antritt, um ein stabiles Bündnis zu schmieden. Das will der dralle Niedersachse freilich nicht kommentieren, aber wer, wenn nicht er, sollte ausziehen, um Merkel, Westerwelle und Co. aus ihren Ämtern zu drängen? Gabriel ist der Senkrechtstarter, seit er ins Willy-Brandt-Haus einzog; das anfängliche Fremdeln der Basis, die vielen berechtigten Streitereien über falsche alte Strategien und möglichst bessere neue Ausrichtungen hat er auf sich genommen. Ernstgenommen. Seitdem wird auch der einst belächelte rot-grüne Popmusikbeauftragte für voll genommen. "Sigmar Gabriel hat vermutlich jetzt den Job, den er am besten kann", sagt Johannes Kahrs anerkennend, Fürsprecher des parteirechten Seeheimer Kreises.

Zur Kanzlerkandidatur scheint es also nur ein kleiner Schritt zu sein. Doch Gabriel ist inzwischen diszipliniert genug, dazu zu schweigen. Das verlangt sich der 50-Jährige, dem sein übersprudelndes Temperament oft genug ein Bein gestellt hat, neuerdings ab. Selbst zuletzt, als er sogar aus Unionskreisen für seine kanzlerreife Rede zum Euro-Rettungspaket gelobt wurde. Und auch an diesem Montag, als er die NRW-Landesvorsitzende Hannelore Kraft dazu bringt, eine rot-grüne Minderheitsregierung zumindest im Blick zu behalten, um im Bundesrat schwarz-gelbe Vorhaben wie die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken zu stoppen.