Polens Ex-Präsident Kwasniewski: Von Folter haben wir nichts gewusst Foto: AP

In Polen bleiben nach der Veröffentlichung des Berichts zu den Folterungen der CIA viele Fragen offen. Was wusste der Nato-Partner von den Aktivitäten des US-Geheimdienstes in den Masuren?

Warschau - Ein CIA-Gefängnis in Stary Kiejkuty, Folter von Terrorverdächtigen in den Masuren, Millionen an US-Dollar für Polens Geheimdienste – von alldem wollen die 2002 und 2003 in Polen regierenden Politiker keine Ahnung gehabt haben.

Seit Jahren verweisen der frühere Präsident Aleksander Kwasniewski wie auch Ex- Premier Leszek Miller vom Bündnis der demokratischen Linken auf das „Staatsgeheimnis“, das es ihnen verbiete, zum Thema Folter etwas Konkretes zu sagen. Als Nato-Mitglied sei Polen verpflichtet gewesen, den Amerikanern bei der Terrorbekämpfung zu helfen. Aber zu Details der Geheimdienst-Zusammenarbeit könnten sie nichts sagen, da sie darüber schlicht nichts wüssten.

Nach der Veröffentlichung des US-Senatsberichts über CIA-Verhörmethoden gab Kwasniewski nun erstmals zu, dass Polen dem Bündnispartner das erbetene „ruhige und abgelegene Objekt“ in gutem Glauben überlassen habe, ohne zu ahnen, was dort möglicherweise vor sich gehen könnte. Andererseits räumte er aber auch ein, dass die damalige Anfrage aus Washington nicht ganz blauäugig aufgenommen wurde: „Wir hatten Bedenken, aber nicht, dass die Amerikaner das Recht in diesem Maße brechen könnten“, sagte er.

In einer Pressekonferenz erklärten Miller und Kwasniewski erneut, von den Foltermethoden bei den amerikanischen Verhören in den Masuren nichts gewusst zu haben. Vielmehr seien die Politiker damals davon ausgegangen, dass die Gefangenen wie Kriegsgefangene und gemäß humanitären Prinzipien behandelt würden. „Wir sind betrogen worden“, so Kwasniewski. Er wies die Behauptung aus dem Senatsbericht zurück, dass die polnische Regierung für die Vergrößerung des Objekts in Stare Kiejkuty 15 Millionen US-Dollar (12 Millionen Euro) erhalten habe. Polen habe allerdings seit der Wende 1990 Geld aus dem Ausland zum Aufbau eigener Geheimdienste erhalten.

Miller warf den Demokraten im US-Senat, die die Publikation des Berichts durchgesetzt hatten, Scheinheiligkeit vor: „Unter der Präsidentschaft von Barack Obama werden Gefangene nicht mehr gefoltert, sondern Terrorverdächtige mit Hilfe von Drohnen massenhaft getötet.“

Präsident Bronislaw Komorowski sagte, es sei ein „ernstes Problem“, wenn Politiker jetzt behaupteten, von allem nichts gewusst zu haben. Er hofft, dass die in dieser Sache seit 2008 geführten Ermittlungen der polnischen Staatsanwaltschaft durch den US-Bericht neuen Auftrieb erhalten.

Die linksliberale Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ findet, dass man Polen und seinen Politikern moralisch nichts vorwerfen könne. Zwar müsse das Land nun die politischen Konsequenzen für die Duldung des CIA-Gefängnisses auf seinem Territorium tragen, doch habe der Bericht zur CIA gezeigt, dass diese „unseren guten Glauben“ nur ausgenutzt hätten.

„Nicht wir waren illoyal gegenüber den USA, sondern diese gegenüber uns. Wir waren davon überzeugt, dass wir auf der richtigen Seite stehen. Wir dachten, dass wir die Werte verteidigen, für die Generationen von Polen immer gekämpft haben.“