Mit vermeintlichen Goldgeschäften wurde Drogengeld gewaschen. Foto: picture alliance/dpa/Armin Weigel

Im Januar ist vor dem Landgericht Stuttgart einer der größten Geldwäscheprozesse Deutschlands zu Ende gegangen. Nun steht ein Mann vor Gericht, der für diese Täter den vermeintlichen Kunden im Goldhandel gemimt hat.

Schorndorf - Das Landgerichtsgebäude an der Olgastraße in Stuttgart ist in diesen Tagen nahezu verwaist. Wo sonst vor dem Eingang Juristen und Mandanten stehen, plaudern, raschen Schrittes in das Gebäude hineingehen oder es verlassen, ist niemand zu sehen. Nur einige uniformierte Justizangestellte bewachen den Eingang. Vier Fragen muss beantworten, wer hinein will: „Haben Sie grippeähnliche Anzeichen? Stehen Sie unter Quarantäne? Hatten Sie Kontakt mit Infizierten? Kommen Sie aus einem Krisengebiet?“

Ein fulminanter Auftritt als „Entlastungszeuge“

Wer alles mit Nein beantworten kann, darf eintreten. Gleich neben der Tür ist der zentrale Aushang zu finden. Normalerweise hängen hier mindestens ein Dutzend Tagesordnungen, jetzt ist nur eine zu sehen, dazu ein Aushang des Oberlandesgerichts mit Verkündungsterminen in Zivilsachen. Die Tagesordnung der 5. Strafkammer weist einen Prozess um Geldwäsche aus. Dieser findet in einem der beiden großen Schwurgerichtssäle statt. Dort ist genügend Raum, um ausreichend Abstand zwischen den Prozessbeteiligten zu gewährleisten.

Der Angeklagte hatte vor gar nicht so langer Zeit einen Auftritt vor dem Landgericht, der bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Als Entlastungszeuge hatte er im Dezember versucht, vier Angeklagten vor der 18. Strafkammer beizustehen, die sich dort wegen Geldwäsche verantworten mussten: ein Goldhändler aus Schorndorf, sein Geschäftspartner aus Dubai, die Frau des Schorndorfers und ein Kurierfahrer. Doch der Auftritt des 44-Jährigen, der damals wegen des Goldwäsche-Falls bereits in Untersuchungshaft saß und nicht hätte aussagen müssen, wurde zum Fiasko. Er widersprach komplett seiner früheren Aussage – die er von einem Notar hatte beglaubigen lassen –, mit der er ebenfalls versucht hatte, den Schorndorfer Goldhändler zu entlasten. Sie lag dem Gericht vor, die Vorsitzende Richterin Manuela Haußmann kannte ihre Akten sehr gut und brachte daher den 44-Jährigen bei der Verhandlung im Dezember mit ihren Nachfragen ins Schwitzen. Zum Schluss griff damals sein Anwalt ein und erklärte nach einer kurzen Beratung, sein Mandant werde nun nichts mehr sagen.

Trotz Firmenpleite Goldkäufe für 43 Millionen Euro?

Der Angeklagte hatte in dem Geldwäsche-Konstrukt die Rolle eines Kunden inne. So steht es in dem Urteil der 18. Strafkammer, das laut dem Vorsitzenden Richter Volker Peterke so gut und detailliert verfasst ist, dass man den 44-Jährigen schon damit überführen könnte, sollte er nicht gestehen. „Das würde uns zwar Arbeit und Zeit kosten, aber da bin ich mir ganz sicher“, sagt der Richter zu dem Angeklagten. Vier Jahre Haft werden ihm in Aussicht gestellt, sollte er ein Geständnis ablegen. Ein Angebot, das er schließlich nicht ausschlägt, da andernfalls eine weit höhere Strafe droht.

Der 44-Jährige hatte in Rumänien eine Firma betrieben, die Möbelteile wie Tischbeine anfertigte. Der Ein-Mann-Betrieb funktionierte mehr schlecht als recht und war schließlich 2017 pleite. Laut den Büchern der Schorndorfer Goldhändler kaufte der Angeklagte jedoch in der zweiten Hälfte jenes Jahres angeblich Gold für 43 Millionen Euro. „Das stimmt nie und nimmer“, konstatiert der Vorsitzende Richter. Tatsächlich habe der Angeklagte lediglich gegen Provision Scheinrechnungen fabriziert, um Goldgeschäfte vorzutäuschen. Dadurch seien für ihn rund 126 000 Euro zusammengekommen.

Der Goldhandel war ein Büdchen mit Modeschmuck

Mit dem fingierten Goldhandel, urteilte die 18. Strafkammer, wurde Drogengeld aus den Niederlanden gewaschen. Dieses wurde dort in bar abgeholt – wobei der angeklagte Kurier einmal erwischt wurde – und dann mittels angeblicher Goldkäufe in Dubai ebenfalls in bar in das arabische Land geschafft. Aufgefallen war das Treiben der Goldhändler durch die vielen hohen Beträge, die der Schorndorfer beim Zoll in Stuttgart anmeldete. Das importierte Gold wurde wahrscheinlich über England nach Dubai transferiert und dann aufs neue „gehandelt“. In einem Fall handelte es sich gar nicht um Feingold, sondern um vergoldete Silberbarren, die bei der Einfuhr vom Zoll prompt entdeckt wurden.

Bei einem Besuch vor Ort stellten die Fahnder fest, dass die vermeintliche Goldfirma in einem Büdchen residierte, das im Eingang eines Schorndorfer Supermarkts zu finden war. Statt edler Geschmeide wurde lediglich Modeschmuck verkauft. Bei den Fahndern schrillten alle Alarmglocken. Dem Zoll kam dann noch das Glück zu Hilfe, als der Kurier an der deutsch-holländischen Grenze in eine Kontrolle geriet – mit 1,5 Millionen Euro in bar.

Bei dem Fall handelt es sich um einen der größten aufgedeckten Geldwäschefälle in Deutschland. Die beiden Hauptangeklagten wurden zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt, die Frau des Schorndorfers zu vier Jahren und neun Monaten und der Kurier zu drei Jahren und neun Monaten. Am 21. April soll das Urteil in dem aktuellen Fall verkündet werden.