Im Coronajahr 2020 haben weniger Menschen Handwerker beauftragt. Foto: dpa/Patrick Pleul

Seit ein paar Monaten verzeichnen Handwerker weniger Aufträge. Im Vergleich zu anderen Branchen kommen sie aber sehr gut durch die Coronakrise. Handwerker aus Stuttgart-Plieningen und Filderstadt berichten von ihren Erfahrungen.

Plieningen/Filderstadt - Kurt Lunke räumt in letzter Zeit hin und wieder sein Lager auf. Das hat er schon immer gemacht, wenn mal eine längere Pause zwischen seinen Aufträgen entstand. Früher kam das aber seltener vor als jetzt. Zwar sagt der Plieninger Fliesenleger, er habe „genug Geschäft“, gleichzeitig berichtet er aber von Schwierigkeiten bei der Kundenrekrutierung und davon, dass man zurzeit und künftig wohl ein bisschen „von seinem Polster leben“ muss. „Ich weiß, dass es jetzt schwierig werden kann, aber ich mache mir da keinen großen Kopf“, berichtet Kurt Lunke.

Zu Beginn der Pandemie ist noch alles mehr oder weniger normal gelaufen. „Am Ende des Jahres hat man gemerkt, dass die Leute weniger Geld in die Hand nehmen“, sagt Kurt Lunke. Renovierungen seien seit den strengen Coronamaßnahmen sowieso schwierig: Körperlich arbeiten und dabei Maske tragen ist eine Herausforderung oder geht gar nicht; wenn der Kunde zu Hause ist, muss man noch mehr aufpassen und zu viele Menschen dürfen auch nicht im Haus sein. „Man kann schon arbeiten, aber ziemlich eingeschränkt“, meint Lunke.

Die Zahl der Aufträge und die Umsätze sind gesunken

Insgesamt ist die Auftragskurve der Handwerksbetriebe in der Region Stuttgart im vierten Quartal 2020 ebenso nach unten gegangen wie die Umsatzkurve. Das schreibt die Handwerkskammer Stuttgart in ihrem Konjunkturbericht. Demnach war die Auslastung der Betriebe nicht so hoch wie im Vergleichsquartal 2019. Allerdings zählen in diese Gesamtstatistik auch Handwerke wie Friseure und Kosmetiker, die während der Lockdowns komplett schließen mussten. Das Ausbauhandwerk, zu dem Kurt Lunke als Fliesenleger gehört, kommt im Vergleich gut weg – trotzdem ist die Pandemie freilich auch dort zu spüren.

Die Schenk GmbH in Filderstadt macht Klempner- und Sanitärarbeiten und berichtet ebenfalls von einem zäheren Auftragseingang als vor der Coronakrise. „Im Winter ist es für uns immer etwas schlecht, weil unser Hauptgeschäft im Freien ist“, sagt die Geschäftsführerin Christine Feist. Arbeiten an Dächern seien bei der derzeitigen Witterung einfach schwierig. „Aber die Zurückhaltung ist mit Sicherheit auch auf Corona zurückzuführen“, sagt Feist, „der eine oder andere Bauherr überlegt sich gut, ob er jetzt renovieren lässt und nimmt oft den sicheren Weg: sparen“.

Anstrengende Monate liegen hinter den Betrieben

Christine Feist berichtet von einem anstrengenden Jahr, das hinter ihr liegt. „Die Angst, die wir im März hatten, kann ich gar nicht beschreiben“, sagt sie, „wie können wir alles richtig machen? Was, wenn jemand in Quarantäne muss? Unser größter Horror war, dass es bei uns einen Fall gibt und wir alles zumachen müssen“. Letztlich habe der Betrieb die Zeit aber gut überstanden, die 18 Mitarbeiter mussten nicht einmal in Kurzarbeit.

In der Werkstatt der Schenk GmbH arbeiten die Angestellten nun mit Maske oder genügend Abstand, auf Baustellen genauso. Im Freien ist es meist unkomplizierter. Auf manchen Baustellen gibt es sogar einen Gesundheitskoordinator, der auf Abstände und dergleichen achtet. Bevor die Firma zu einem Kunden nach Hause geht, muss der ein Formular unterschreiben, dass er während der Bauarbeiten eine Maske trägt und regelmäßig lüftet. „Und was nicht total dringend ist, versuchen wir zu verschieben“, sagt Feist.

Was bringt das laufende Jahr?

Wie es in der Branche weitergeht, wagt Christine Feist nicht vorherzusagen. „Jeden Morgen denke ich mir: Hauptsache wir haben alle Arbeit und sind gesund“, sagt sie, „andere Branchen leiden gerade sehr, da haben wir es richtig gut“. Sie ist nun seit 37 Jahren im Geschäft. „Wir haben so viel geschafft, da wäre es gelacht, wenn wir die letzten Meter nicht noch hinkriegen“, sagt sie.

Kurt Lunke muss sich ebenfalls überraschen lassen, was die nächsten Monate bringen. „Keiner weiß, wo es hingeht“, sagt er. Als Solo-Selbstständiger habe er zumindest nicht das Problem, Mitarbeiter bezahlen zu müssen. Aber mit dem Wegfall lokaler Veranstaltungen ist ihm eine wichtige Plattform zur Kundenrekrutierung weggebrochen. „Ich bin jetzt auf meine Stammkunden und Mundpropaganda angewiesen“, sagt er. Unterm Strich könne er sich aber nicht beschweren: „Die Gastronomie ist viel schlimmer dran.“