Wurde Rettungssanitäterin während des zweijährigen Berufskollegs: Natalie Eisenhardt in einem der Schulungsräume der Schule beim Jakobsweg. Foto: Gottfried Stoppel

Die Schule beim Jakobsweg bietet Ersthelfer-Kurse für Gehörlose an. Das Programm mit speziellem didaktischen Material erhielt nun den Förderpreis „Helfende Hand“.

Winnenden - Um zu telefonieren, muss man hören können. Wer nur schlecht oder gar nicht hört, hat Schwierigkeiten, wenn sie oder er einen Notruf über 112 oder 110 absetzen will. „Das geht nur über ein Telefon. Soweit ich weiß, gibt es bisher nichts anderes. Eine spezielle App hat nicht funktioniert“, sagt Natalie Eisenhardt, die an der Schule beim Jakobsweg in Winnenden das Berufskolleg Gebärdensprache besucht hat und sich als Rettungssanitäterin beim Roten Kreuz in Fellbach engagiert.

Anspruchsvolle Kurse parallel zum Unterricht

Die angehende Hebamme weiß, wovon sie spricht. Sie und zwei weitere ehemalige Schülerinnen haben an der Schule beim Jakobsweg nicht nur ein Sicherheitspraktikum speziell für Schwerhörige und Gehörlose absolviert, sondern auch mit ihrem früheren Lehrer Dietrich Hub die didaktischen Mittel dazu erstellt. Dafür wurde die Paulinenpflege nun in Berlin mit einem Preis des Bundesinnenministeriums ausgezeichnet. Die „Helfende Hand“ bekam die Einrichtung für die bislang einmaligen Erste-Hilfe-Kurse für Gehörlose und die Möglichkeit, während der Schulzeit die anspruchsvolle Ausbildung zum Rettungssanitäter zu machen. Natalie Eisenhardt war eine der ersten, die sich beteiligten. Sie nahm für die Paulinenpflege während einer Feierstunde in Berlin den Preis entgegen.

Die ersten Exemplare des Buchs zum Erste-Hilfe-Kurs sind vor kurzem erschienen. 500 Exemplare umfasst die Auflage. „Das Buch wird komplett von unseren Werkstätten produziert, also Satz, Druck und Buchbinderei“, sagt Dietrich Hub, der ehrenamtlich als Rettungssanitäter und Feuerwehrmann tätig ist und die Idee zu dem Programm hatte, als er zur Paulinenpflege kam.

Ausbildungsvideos mit Untertiteln

„Dazu sind Ausbilder nötig und Gebärdendolmetscher, am besten in einer Person“, erläutert Hub. An der Schule beim Jakobsweg waren ideale Voraussetzungen vorhanden. Für Menschen mit einer Hörbehinderung sei es nahezu unmöglich, einen normalen Erste-Hilfe-Kurs zu absolvieren, wie er etwa für den Führerschein notwendig ist. „Die Ausbildungsvideos sind normalerweise nicht untertitelt. Deshalb haben wir hier speziell dazu Lehrfilme produziert, die kostenlos im Internet heruntergeladen werden können“, sagt Hub, der zu dem Buch sämtliche Texte und Fotos beigesteuert hat.

Zu dem Sicherheitstraining gehört noch mehr als der Erste-Hilfe-Kurs. „Übungen mit Feuerlöschern und Rettungsdecken und ein Besuch bei der Rettungsleitstelle zählen auch dazu“, sagt Natalie Eisenhardt. Die 23-Jährige angehende Hebamme hatte zudem das Angebot angenommen, sich neben dem zweijährigen Berufskolleg als Rettungssanitäterin ausbilden zu lassen. „Das ist die höchste Ausbildungsstufe für Ehrenamtliche im Rettungsdienst“, sagt Natalie Eisenhardt, die an der Landesschule des Roten Kreuzes zudem die Qualifikationen zur Ausbilderin für Erste-Hilfe-Kurse und Ausbilderin für Erste-Hilfe-Kurse am Kind erwarb.

Eine Absolventin arbeitet hauptberuflich im Rettungsdienst

Julia Fraschka, die ebenfalls zum Video-Team gehörte, hat sich sogar beruflich für den Rettungsdienst entschieden. „Sie wird Notfallsanitäterin, soweit ich weiß, ist sie die erste Hörbehinderte, die diese Ausbildung macht“, sagt Dietrich Hub, der demnächst an der Schule das neunte Sicherheitspraktikum starten wird. Wer solche Kurse anbieten will, erreicht ihn per Mail an dietrich.hub@paulinenpflege.de.